Predigt zum Vorabend des Festes der Geburt Christi (Heiligabend) (Gal. 3:15-22; Mt. 13:31-36) (06.01.2018)

"Das ist unser Gott; kein anderer gilt neben Ihm. Er hat den Weg der Weisheit ganz erkundet und hat sie Jakob, Seinem Diener, verliehen, Israel, Seinem Liebling. Dann erschien sie auf der Erde und hielt sich unter den Menschen auf. Sie ist das Buch der Gebote Gottes, das Gesetz, das ewig besteht. Alle, die an ihm festhalten, finden das Leben, doch alle, die es verlassen, verfallen dem Tod" (Bar. 3:36-38; 4:1).

 

Liebe Brüder und Schwestern,

 

nun stehen wir gedanklich am Ende unserer langen Reise vor den Toren Betlehems, um nur noch wenige aufwärts führende Straßenzüge zu durchschreiten und vor der Krippe des Herrn ehrfürchtig niederzufallen. Unsere geistlichen Ohren hören schon das Glockengeläut der Geburtskirche Christi, die im hellen Lichterkranz auf der Anhöhe, wo einst der Viehstall stand, erstrahlt. Hier stehen wir nun an der Torschwelle zu einer vollkommen neuen Ära - dem Gesetz, das ewig besteht. Halten wir an ihm fest, um das Leben zu finden!

Bis dahin galt das Gesetz des Alten Bundes, das nun abgelöst wird: "Brüder, ich nehme einen Vergleich aus dem menschlichen Leben: Niemand setzt das rechtsgültig festgelegte Testament eines Menschen außer Kraft oder versieht es mit einem Zusatz. Abraham und seinem Nachkommen wurden die Verheißungen zugesprochen. Es heißt nicht:´und den Nachkommen`, als wären viele gemeint, sondern es wird nur von einem gesprochen: ´und deinem Nachkommen`; das aber ist Christus. Damit meine ich: Das Testament, dem Gott einst Gültigkeit verliehen hat, wird durch das vierhundertdreißig Jahre später erlassene Gesetz nicht ungültig, so dass die Verheißung aufgehoben wäre. Würde sich das Erbe nämlich aus dem Gesetz herleiten, dann eben nicht mehr aus der Verheißung. Gott hat aber durch die Verheißung Abraham Gnade erwiesen. Warum gibt es dann das Gesetz? Wegen der Übertretungen wurde es hinzugefügt, bis der Nachkomme käme, dem die Verheißung gilt. Es wurde durch einen Engel erlassen und durch einen Mittler bekanntgegeben. Einen Mittler gibt es jedoch nicht, wo nur einer handelt; Gott aber ist ´der Eine`. Hebt also das Gesetz die Verheißungen auf? Keineswegs! Wäre ein Gesetz gegeben worden, das die Kraft hat, lebendig zu machen, dann käme in der Tat die Gerechtigkeit aus dem Gesetz; statt dessen hat die Schrift alles der Sünde unterworfen, damit durch den Glauben an Jesus Christus die Verheißung sich an denen erfüllt, die Glauben" (Gal. 3:15-22). Erbe der Verheißung an Abraham ist Christus, denn Er ist als "Samen" (Sing.) Abrahams (s. Gen. 22:17-18) gemeint, nicht die Juden als Ethnie (s. Mt. 3:9; Lk. 3:8; Joh. 8:39). Wir wissen ja: "Jesus Christus hat uns freigekauft, damit den Heiden durch Ihn der Segen Abrahams zuteil wird" (Gal. 3:14). "Denn: Einer ist Gott, Einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus" (1 Tim 2:5; vgl. Gal. 3:20).

Manchmal werden orthodoxe Priester zu interkonfessionellen Predigten, Gesprächskreisen oder Referaten eingeladen. Dort verkündigen wir "Christus als den Gekreuzigten" (1 Kor. 1:23). Was anderes als die Verkündigung des Himmelreiches (s. Mt. 3:2; 4:17; Mk. 3:15) und die Vergebung der Sünden durch Umkehr (Mk. 1:4; Lk. 3:3) in Seinem Namen kennen wir (fast) gar nicht. Doch dafür, dass wir nicht dem Zeitgeist angepasste Reden halten, werden wir hinter vorgehaltener Hand als Hardliner oder "christliche Taliban" beschimpft und verspottet. Unstrittig ist, dass wir konservative Standpunkte vertreten und in der Tat vielleicht eher zu einer wörtlichen Auslegung bestimmter Stellen der Heiligen Schrift neigen, das aber, um einer allzu weit gefassten "Entmythologisierung" der Bibeltexte entgegenzutreten, welche schier unbegrenzten Spielraum für hanebüchene Interpretationen offenlassen. Unser Ziel ist aber nicht das Festhalten am Buchstaben des Gesetzes, sondern den Geist der Botschaft zu bewahren und zu verkünden (s. Röm. 2:29; 7:6; 2 Kor. 3:6). Mit "Wahhabismus" hat das nichts zu tun. Das ist vielmehr der Geist Christi (s. Röm. 8:9) welcher seit der apostolischen Zeit in der kirchlichen Überlieferung bewahrt wird, denn "Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit" (Hebr. 13:8). Dabei wollen wir auch gar nicht verhehlen, dass uns intern durch "mancherlei fremde Lehren" (Hebr. 8:9) wie Weltuntergangsszenarien, Verschwörungstheorien, "Heiligsprechungen" von Despoten und Diktatoren usw. auch das Leben erschwert wird. Ziel bleibt auch da die Verkündigung der reinen Lehre. Dieses Festhalten an den Grundpfeilern der christlichen Überlieferung verhindert jedenfalls, dass bei uns z.B. die jungfräuliche Geburt unseres Herrn anzweifelt wird (s. Jes. 7:14; Mt. 1:18,20,22-23; Lk. 1:34-35). Unser Glaube hat die Wahrheit Gottes und die Freiheit des Geistes zum Gegenstand, die gewährleistet, dass wir nicht als Sklaven unser Heil bestreiten (s. Joh. 8:32; Jak. 1:25; Röm. 8:21; 2 Kor. 3:17; Gal. 5:1). Doch Freiheit birgt auch die Gefahr des Missbrauchs (s. Jak. 2:12; 1 Petr. 2:16; 2 Petr. 2:19; 1 Kor. 8:9; Gal. 2:4; 5:13), auch in Glaubensfragen. Der Apostel Paulus lässt es jedenfalls nicht an Deutlichkeit mangeln: "Ich bin erstaunt, dass ihr euch so schnell von dem abwendet, der euch durch die Gnade Christi berufen hat, und dass ihr euch einem anderen Evangelium zuwendet. Doch es gibt kein anderes Evangelium, es gibt nur einige Leute, die euch verwirren und die das Evangelium Christi verfälschen wollen. Wer euch aber ein anderes Evangelium verkündigt, als wir euch verkündigt haben, der sei verflucht, auch wenn wir selbst es wären oder ein Engel vom Himmel. Was ich gesagt habe, das sage ich noch einmal: Wer euch ein anderes Evangelium verkündigt, als ihr angenommen habt, der sei verflucht" (Gal. 1:6-9). Amen.   

Jahr:
2018
Orignalsprache:
Deutsch