Predigt zum Herrentag der hll. Myronträgerinnen (Apg. 6: 1-7; Mk. 15: 43 – 16: 8) (26.04.2015)

Liebe Brüder und Schwestern, 

 

der dritte Sonntag der Osterzeit ist den hll. Myrontragenden Frauen gewidmet: Maria Magdalena, Maria, der Frau des Kleopas, Johanna, Salome, Marta und Maria, Susanna, dazu den beiden Ratsherren Nikodemus und Joseph aus Arimathea. Da die meisten der genannten Frauen wohl von vornehmer Herkunft und deshalb begütert waren, unterstützten sie alle „Jesus und Seine Jünger mit dem, was sie besaßen“ (Lk. 8: 3). Dieses womöglich unbedeutend erscheinende Detail ist ein Beleg dafür, dass es den Frauen von Anfang an darum ging, etwas zu geben, anstatt zu bekommen, womit sie sich von der übergroßen Mehrheit der Leute unterschieden, die dem Herrn auf Dessen zahlreichen Missionsreisen nachgefolgt waren. Diese Frauen hielten Ihm auch dann die Treue, als Er verraten, erniedrigt, gefoltert, verurteilt, verspottet und ans Kreuz geschlagen wurde. Sie hielten auch noch zu Ihm, als alles zu Ende zu sein und die irdische Mission des Herrn auf ein totales Fiasko hinauszulaufen schien. Eine größere Opferbereitschaft und Treue bis über den Tod hinaus kann man sich nicht vorstellen! Hier war keine Spur von Enttäuschung als Folge unerfüllter Hoffnungen, sondern bedingungslose Treue um der Liebe willen.

Warum aber werden Frauen wie die hl. Maria Magdalena dann von der Kirche als „Apostelgleiche“ verehrt? Woran lag es, dass sie in den Augen ihrer Nachwelt diesen Status erlangten, obwohl doch kein expliziter Auftrag zur Verkündigung an die Frauen um Jesus Christus von Ihm ergangen ist? 

Ich denke, wir haben diese Frage schon teilweise beantwortet. Die ungeheuchelte Liebe und selbstlose Treue machten diese Frauen zu wahren Nachfolgerinnen des Herrn. Und nicht von ungefähr erschien der Auferstandene zuerst den Frauen, die Er damit beauftragte, den Männern die Frohe Botschaft zu verkünden.  

Gottes Heilsplan sah doch die Gründung der Kirche zur Errettung der Menschen vor. Wir alle glauben an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Die Apostolizität der Kirche bezieht sich doch nicht ausschließlich auf  Ursprung und Führungsstruktur, sondern auf ihr Wesen, und das kennt keine Unterscheidung nach Geschlechtern (s. Gal. 3: 28). 

Wir sprachen letzte Woche aus Anlass des zweifelnden Thomas davon, dass der Glaube im Herzen gefestigt sein soll. Widrigenfalls wird es mit uns so sein wie mit den gelehrten Pharisäern und Sadduzäern, die zunächst vom Herrn ein Zeichen vom Himmel forderten (s. Mt. 16: 1), um Ihn dann in der Stunde des Todes, als sich tatsächlich die Sonne verfinsterte und die Erde erbebte, auch weiterhin zu verleugnen. Dafür erkannte nun der schriftenunkundige römische Hauptmann den Gekreuzigten als Gottes Sohn an (s. Mt. 27: 55;  Mk. 15: 39;  Lk. 23: 47). Wenn der Glaube also zu kopflastig ist, wird es immer zu Schwierigkeiten kommen, ihn den Suchenden rational zu erklären oder ihn wissenschaftlich gegen alle möglichen Widersacher und Leugner zu verteidigen, zumal - und das muss hier festgehalten werden - die Existenz Gottes bzw. die Auferstehung Christi auf anerkannt verifizierbare Weise weder zu beweisen, noch zu widerlegen ist. Doch auch ein „blinder“ Glaube ist wenig zielführend, da man sich durch unterlassene eigene Denkleistung sehr leicht zum Manipulationsobjekt aller nur möglicher religiöser Verführer (auch in unseren Reihen) und politischer Demagogen machen kann. 

Was ist aber dann das Kriterium, das jenseits von umfangreichem angeeignetem Wissen und vollkommener Ignoranz den Glauben auch in anderen Menschen entfachen kann? - Natürlich ist es die lebendige Erfahrung, welche die Myronträgerinnen machten, als sie den Auferstandenen erblickten (s. Mt. 28: 9-10;  Joh. 20. 11-18). Es waren liebende Frauenherzen, die den Boden für die Saat Christi bereiteten (s. Mt. 13: 23;  Mk. 4: 20;  Lk. 8: 15) und somit den zuvor noch ängstlichen männlichen Jüngern den notwendigen Impuls gaben. Auch jeder Einzelne von uns wird während der Osternacht wohl schon seine persönliche Erfahrung der Auferstehungsfreude gemacht haben. Für uns ist das „Christus ist Auferstanden“ doch keine österliche Etikette, sondern Ausdruck der Freude über die im Herzen empfundene, wahrgewordene Auferstehung. Der beste „Beweis“ der Auferstehung Christi war z.B. in meiner Kindheit der ernsthafte Glaube meiner Eltern und Großeltern, in meiner Jugend bekräftigt durch den tiefgründigen Glauben meiner geistlichen Väter und Lehrmeister. Durch ihr gemeinsames Vorbild geleitet und durch die in den Mysterien der Kirche wirksame Gnade Gottes gestärkt, konnte auch ich im ersten Studienjahr am Priesterseminar in der Osternacht die Auferstehung Christi „schauen“. Und keiner von uns, der sich durch Gebet und Fasten auf das Fest der Feste vorbereitet hat, bedarf angesichts der lange nachhallenden Osterfreude noch irgendeines „objektiven“ Beweises für die Wahrheit des Evangeliums.

Diese Freude über die Auferstehung Christi in den Herzen der einfachen Mütter und Großmütter der kommunistischen Ära war so stark, dass sie während der siebzig Jahre aggressiven Staatsatheismus den Glauben von Millionen Menschen bis in die heutige Zeit geprägt und gefestigt hat. Jeder von uns hat – ob Frau oder Mann - nun die ehrenvolle und freudige Aufgabe, dieses Werk in einer zunehmend glaubensfeindlichen Umgebung fortzuführen. Erinnern wir uns an den hl. Seraphim, der selbst ein nie versiegender Quell der Osterfreude war und zum Vorbild für uns alle darin wurde, wie wir selbst die Gnade erlangen und andere dadurch auf den Weg des Heils führen können. Diese apostolische Mission ergeht auch und vor allem an die seit jeher zur frühkindlichen Evangelisierung berufenen christlichen Mütter und Väter. Amen.

Jahr:
2015
Orignalsprache:
Deutsch