Predigt zum Fest der Beschneidung des Herrn / Gedächtnis des heiligen Basilios des Großen, des Erzbischofs von Caesaraea in Kappadokien (Kol. 2:8-12; Hebr. 7:26-8:2; Lk. 2:20-21; Lk. 6:17-23) (14.01.2021)

Liebe Brüder und Schwestern, die Lesung aus dem Evangelium zum Fest der Beschneidung Christi ist die kürzeste im ganzen Kirchenjahr: „Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen Ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war. Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man Ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, noch ehe das Kind im Schoß Seiner Mutter empfangen wurde“ (Lk. 2:20-21). Zwei Verse nur. Aber wie viel man aus Ihnen lernen kann! Der Ritus der Beschneidung untermauerte die Zugehörigkeit zum Volk Gottes im Alten Bund (s. Gen. 17:1-27) und fiel mit der Namensgebung zusammen (s. Gen. 17:5). Auch bei uns ist es heute üblich, den Neugeborenen am achten Tag nach der Geburt den Namen zu geben, so wie unser Herr Jesus Christus Seinen vom Engel bei der Empfängnis gegebenen Namen erhielt. Der Herr kam ja nicht, um das Gesetz des Alten Bundes abzuschaffen, sondern, um es zu erfüllen (s. Mt. 5:17). Als Gesetzesgeber oblag es Ihm zwar nicht, das Gesetz Selbst zu befolgen, aber zu unserem Heil geruhte Er, Seine menschliche Natur unter das Gesetz Gottes zu stellen (vgl. Mt. 17:24-27). Nur durch diesen Gehorsam vermochte die Schuld Adams (hebr. adam = Mensch) getilgt werden (s. 1 Kor. 15:20-22). Der Alte Bund ist ja die Präfiguration des Neuen. Über die Regelungen des Alten Bundes schreibt der Apostel Paulus: „Das alles ist nur ein Schatten von dem, was kommen wird, die Wirklichkeit aber ist Christus“ (Kol. 2:17). Insofern ist die Beschneidung der Vorhaut, die mit Schmerzen und Blutvergießen einhergeht, schon die Andeutung der Leiden Christi und die Begründung des Neuen Testamentes in Seinem Blut (s. Lk. 22:20). Schon am achten Tag nach Seiner Geburt deutet der Herr an, dass Er wahrhaftig und vollkommen die menschliche Natur angenommen hat, und Sich keinesfalls vor dieser geekelt hat, wie seinerzeit die Doketisten unter dem Einfluss der antiken griechischen Metaphysik behaupteten. Denn in einem Scheinleib hätte uns der Herr nicht von der Knechtschaft der Sünde und des Todes erlösen können. Auch der Koran negiert übrigens den Tod Christi am Kreuz auf frappierend ähnliche Weise (s. Sure 4:157) und bleibt somit die Antwort schuldig auf die Frage, wie der Mensch sonst von den Fesseln der Sünde hätte befreit werden können. Natürlich wäre es für Gott ein Leichtes gewesen, uns „auch so“ zu erlösen. Aber Gottes Gerechtigkeit hätte dadurch nicht Genüge getan werden können, denn der leichte Weg wäre für Gott zu billig und Seiner Erhabenheit nicht würdig gewesen, zumal der Herr Selbst von uns auch fordert, dass wir den schweren Weg ins Himmelreich suchen sollen (s. Mt. 11:12; vgl. Mt. 7:13-14; Lk. 13:24). Deshalb heißt es im Neuen Testament: „Gebt acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und falschen Lehre verführt, die sich nur auf menschliche Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte der Welt, nicht auf Christus berufen. Denn in Ihm allein wohnt wirklich die ganze Fülle Gottes. Durch Ihn seid auch ihr davon erfüllt; denn Er ist das Haupt aller Mächte und Gewalten. In Ihm habt ihr eine Beschneidung empfangen, die man nicht mit Händen vornimmt, nämlich die Beschneidung, die Christus gegeben hat. Wer sie empfängt, sagt sich los von seinem vergänglichen Körper. Mit Christus wurdet ihr in der Taufe begraben, mit Ihm auch auferweckt, durch den Glauben an die Kraft Gottes, Der Ihn von den Toten auferweckt hat. Ihr wart tot infolge eurer Sünden, und euer Leib war unbeschnitten; Gott aber hat euch mit Christus zusammen lebendig gemacht und uns alle Sünden vergeben. Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat. Die Fürsten und Gewalten hat Er entwaffnet und öffentlich zur Schau gestellt; durch Christus hat Er über sie triumphiert“ (Kol. 2:8-15). Wäre nur ein „menschenähnlicher“ Leib ans Kreuz genagelt worden, hätte unser Schuldschein vor Gott nicht mit ihm an das Kreuz geheftet werden können. Und wäre das Blut, das der Gott-Mensch am Kreuze vergossen hat, nicht tatsächlich Blut entsprechend Seiner menschlichen Natur, hätte es keine erlösende Wirkung für uns heute im Mysterium der Eucharistie. Wir essen ja den Leib, der an das Kreuz geschlagen wurde; wir trinken das Blut, das auf Golgatha vergossen wurde! So werden wir des Todes und der Auferstehung Christi teilhaftig. Die Beschneidung diente seinerzeit als Urbild für die Taufe, in der wir „den alten Menschen mit seinen Taten“ ablegen und „zu einem neuen Menschen“ werden, „der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um Ihn zu erkennen“ (Kol. 3:9-10). Deshalb feiern wir die Beschneidung sofort nach der Geburt und unmittelbar vor der Taufe Christi, denn jetzt „gibt es nicht mehr Griechen oder Juden, Beschnittene oder Unbeschnittene, Fremde, Skythen, Sklaven oder Freie, sondern Christus ist alles und in allen“ (Kol. 3:11). Geblieben aber ist die Namensgebung am achten Tag nach der Geburt. Das Beispiel unseres Herrn (s. Mt. 1:21; Lk. 1:31) und des Vorläufers (s. Lk. 1:13) zeigt, dass auch der Name eines Menschen von Gott gegeben sein sollte. Getauft wurden wir jedoch „auf den Namen Jesu Christi“ und haben danach „die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (Apg. 2:38). Es ist der Name, den wir anrufen müssen, um gerettet zu werden (s. Apg. 2:21; Joёl 3:5; vgl. Röm.10:13). Weshalb sonst beten wir – auch in unserer Gemeinde – das Jesus-Gebet?!: „Herr, Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme Dich meiner, des Sünders!“ Amen.
Jahr:
2021
Orignalsprache:
Deutsch