Predigt zum 14. Herrentag nach Pfingsten (2. Kor. 1:21-2:4; Mt. 22:1-14) (13.09.2020)

Liebe Brüder und Schwestern,

 

in der heutigen Lesung aus dem Evangelium will uns der Herr wieder einmal in einem Gleichnis den Weg in das Himmelreich näherbringen: Gott ist wie ein König, der seinen geliebten und geschätzten Untertanen aus reiner Herzensgüte die Freude der Teilnahme am Hochzeitsmahl seines Sohnes gönnen will. Welch eine Ehre für jeden einzelnen, – sollte man meinen. Doch die Menschen lassen den Ruf ihres Herrn ungehört. Manche von ihnen fügen der Majestätsbeleidigung auch noch schändliche Verbrechen hinzu, indem sie die zu ihnen entsandten Diener ihres Herrn misshandeln und umbringen.

Versetzen wir uns doch einmal in die Lage der zum Hochzeitsmahl Eingeladenen: Wir nehmen doch im allgemeinen gerne an Hochzeitsfeiern teil, –  nicht nur, weil man da gut essen und trinken, fröhlich feiern kann, vielleicht auch noch gut unterhalten wird, alte Bekannte trifft und neue interessante Menschen kennenlernt etc., – nein, ich gehe auch gerne dorthin, um ganz einfach an der Freude der Jungvermählten und ihrer Angehörigen teilzuhaben. Es ist mir ein Herzensbedürfnis, dem jungen Paar zur Gründung einer neuen Familie alles Gute zu wünschen. Kurzum, ich erwidere sehr gerne die Liebe und die Ehre, die mir durch diese herzliche Einladung entgegengebracht wurde, und es müssten schon außergewöhnliche Umstände eintreten, dass ich zur Hochzeit von mir Nahestehenden Personen nicht kommen würde. Eine solcherart liebevoll ausgesprochene Einladung einfach so auszuschlagen wäre jedenfalls ein respektloser Akt der Lieblosigkeit gegenüber dem Einladenden.

Wenn wir das Gleichnis jetzt aber von seinem allegorischen Sinn betrachten, geschieht in unserem Alltag genau das. Die Menschen finden nicht die Zeit, um Gottes Einladung (z.B. zum Gottesdienst) zu folgen! Wenn mir die Leute sagen, dass sie wegen dieser und jener Verpflichtungen praktisch nie Zeit für die Kirche hätten, dann soll ich wohl darunter verstehen: „Wir würden ja gerne, aber es geht beim besten Willen nicht“. Tatsächlich verstehe ich jedoch darunter, dass mir durch die Blume mitgeteilt wird: „Wir haben kein Interesse“. Vornehm ausgedrückt: der persönlichen Prioritätensetzung zufolge bleibt kein Platz für ein Leben mit Gott. Denn jemandem, den ich liebe und schätze, würde ich bei aller Beanspruchung durch lebensnotwendige Dinge irgendwie doch die Freude meines Besuches ermöglichen wollen. Besagtes Verhalten zeugt wiederum davon, dass den Menschen der Glaube fehlt. Wenn es heißt: „Aus Gnade seid ihr gerettet!“ (Eph. 2:5b), dann  bedeutet es, dass wir die uns geschenkte Gnade des Herrn anstreben und vermehren sollen. Wer ein geistliches Leben begonnen hat, der weiß, dass wir ohne die Gnade Gottes verloren sind. Wir bemühen uns zwar nach eigenen Kräften, fromm und gesetzestreu zu leben, doch immer wieder scheitern wir an unserer Unzulänglichkeit. Die „guten Werke“, die wir zu vollbringen imstande sind, sind lächerlich im Vergleich zu dem, was Gott von uns erwartet. Deshalb vergleichen wir uns gerne mit anderen Menschen, die vermeintlich schlechter sind als wir, so dass wir dadurch noch relativ gut dastehen können. Und selbst wenn wir uns permanent gewissenhaft bemühen würden, immer nur Gutes zu tun, wäre das Resultat erbärmlich. Äußere Werke wie Almosengeben und soziales Engagement sind vielleicht in unserem Repertoire vorhanden, aber geistliche Früchte – Null (vgl. Mt. 21:19)!! Doch die erwartet Gott von uns. Ohne sie gibt es keine Rettung. Rettung aus eigener Kraft ist Utopie – Rettung aus Gnade ist hingegen möglich (s. Mt. 19:26; Mk. 10:27; Lk. 18:27). Erwarten die nicht Praktizierenden etwa, dass der Herr zu ihnen spricht: „Kommt her, die ihr von Meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist“ (Mt. 25:34)?! Wollen sie tatsächlich ein Reich in Empfang nehmen, für das sie zeit ihres Lebens kein Interesse hatten und das sie vielleicht sogar mit Füßen getreten haben?! Wollen sie ein himmlisches Reich erben, dem sie alle möglichen irdischen Güter vorgezogen haben?! - Wenn sie ein Leben nach dem Glauben hier nicht angestrebt haben (höchstens einen rein auf irdische Dinge bezogenen Aberglauben), dann werden sie es dort auch nicht wollen. Es hieße nämlich, dass sie das erben sollen, was sie in ihrer Bezogenheit auf materielle Dinge gar nicht angestrebt haben, und das würde sie gewiss nicht glücklich machen. Wenn Christus für die wahren Gläubigen „das Leben, und Sterben Gewinn“ ist (Phil. 1:21), dann muss für diese Menschen die Begegnung mit Dem, Den sie nicht geliebt haben, die Höchststrafe sein. Wenn nun aber ihre geistlichen Augen das Licht Christi nicht ertragen können, ist es für sie dann nicht besser, an Händen und Füßen gefesselt und „in die äußerste Finsternis“ hinausgeworfen zu werden (s. Mt. 22:13a)?!.. - Das wird der gerechte Lohn dafür sein, dass das Licht in ihnen Finsternis war (s. Mt. 6:23; Lk. 11:35) – wie im Gast aus dem Gleichnis, der kein hochzeitliches Gewand trug und dem es ebenso an Wertschätzung gegenüber dem königlichen Gastgeber mangelte. Er hatte, als alle Dinge so offengelegt wurden, wie sie real und objektiv waren, dann auch nichts zu seiner Rechtfertigung vorzubringen (s. Mt. 22:12b). So wird es jedem ergehen, der sich (bewusst) nicht mit dem Gewand der Taufe bekleidet hat (s. Gal. 3:27) oder aber das neue Gewand – den Herrn Jesus Christus – zwar angelegt, danach aber nur um den Leib besorgt war, so dass in ihm die Begierden erwuchsen (s. Röm. 13:14) und er „aus der Gnade herausgefallen“ war (s. Gal. 5:4). 

Noch aber haben wir die Möglichkeit, dem Heulen und Zähneknirschen (s. Mt. 22:13b) zu entfliehen. Es liegt demzufolge letztlich an uns selbst, dass wir in Gottes Augen nicht nur zum Glauben gerufen, sondern auch durch Gnade auserwählt sein werden (s. Mt. 22:14). Amen.

Jahr:
2020
Orignalsprache:
Deutsch