Predigt zum Herrentag vor der Geburt Christi, Gedenktag der Väter (Hebr. 11: 9-10, 17-23; Mt. 1: 1-25) (05.01.2020)

Liebe Brüder und Schwestern, 

am Sonntag vor Christi Geburt wird aller leiblichen Vorfahren unseres Herrn Jesu Christi gedacht, also auch der weiblichen Ahnen und Urahnen dem Leibe nach. Wir lesen an diesem Tag die ersten Verse des Matthäusevangeliums, die uns den „Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams“ (Mt. 1:1) übermitteln. Es ist die Abstammungskette beginnend mit der „Geburt“ des Volkes Israel, also von Abraham, aus dessen Samen Sich Gott Sein Volk erwählt hat. „Fürwahr, beim Herrn, unserem Gott, ist Israels Rettung“ (Jer. 3:23). Der Endpunkt, „Israels Rettung“, ist die Geburt des verheißenen Messias aus dem Hause Davids, des Sohnes Isais: „(…) Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht. Der Geist des Herrn lässt Sich nieder auf Ihm: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht“ (Jes. 11:1-2; vgl. Jes. 61:1f und Lk. 4:17-19).

Was sagt uns die Heilige Schrift hier über die Errettung der ganzen Menschheit – der Kinder Gottes, also der Nachkommen Abrahams nicht nur dem Fleische, sondern der Verheißung nach (s. Röm. 9:8)? - Es ist doch beileibe kein Zufall, dass die Verkündigung der Frohen Botschaft des Neuen Bundes mit der Auflistung der menschlichen Abstammungsreihe des Erlösers beginnt.

Da die Errettung des Menschen durch Gott nicht ohne den Menschen vonstatten gehen sollte, bedurfte es des menschlichen Dazutuns in Gestalt der heiligen Väter und Mütter, an deren Ende die Allerreinste Gottesgebärerin steht (s. Mt. 1:16). Welch eine Ehre, welch ein Ruhm gebührt also den Vorfahren des Herrn, denen praktisch das ganze erste Kapitel des Evangeliums des Herrn sowie der Herrentag vor dem größten der zwölf Hochfeste gewidmet wird!.. Sie waren dazu auserwählt, dass sich aus ihrer Nachkommenschaft die Erlösung der gesamten Menschheit ereignen sollte! Aus diesem Umstand aber ergibt sich doch gleichzeitig die Gewissheit, dass auch unsere individuelle Errettung mit auf unsere leiblichen Vorfahren zurückzuführen ist. Ohne unsere Urgroßeltern, Großeltern und Eltern hätten wir nie das Licht der Welt erblicken können und wären somit auch nie des geistlichen Lichtes in der heiligen Erleuchtung (Taufe und Myronsalbung) teilhaftig geworden. Schon allein dafür gebührt unseren fernen und nahen Vorfahren unendlicher Dank, sogar abgesehen davon, ob es unsere Eltern bzw. Großeltern waren, die uns zum Glauben gebracht haben oder nicht. In jedem Fall hat Gott sie als Werkzeuge dazu erwählt, dass wir in Seiner Vorsehung neben dem physischen Leben auch die Teilhabe am geistlichen Leben im Leib Christi erlangen konnten. Desgleichen gebührt auch unser Dank bis heute dem „alten“ Israel, Gottes auserwählten Volk, von dem der Apostel Paulus an die Römer schreibt: „Vom Evangelium her sind sie Feinde, und das um euretwillen; von ihrer Erwählung her gesehen sind sie von Gott geliebt, und das um der Väter willen. Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt“ (Röm. 11:28-29). Wenn wir uns die nachfolgenden Zeilen im Römerbrief vergegenwärtigen, können wir auch mit ganz anderen Augen auf unsere möglicherweise nicht gläubige Verwandtschaft blicken: „Und wie ihr einst Gott ungehorsam wart, jetzt aber infolge ihres Ungehorsams Erbarmen gefunden habt, so sind sie infolge des Erbarmens, das ihr gefunden habt, ungehorsam geworden, damit jetzt auch sie Erbarmen finden. Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen, um Sich aller zu erbarmen“ (11:30-32)... Soll das etwa heißen, dass unsere Errettung dem zuvor ungehorsam gewordenen Israel angerechnet werden wird, und dass unser persönlicher Weg zum Glauben an Jesus Christus und Seiner Kirche dementsprechend auch unseren evtl. nicht gläubigen Eltern und Vorfahren  gutgeschrieben werden wird?!.. Mein mickriger Verstand kapituliert vor dieser Frage, und selbst der Apostel Paulus kommt nicht aus dem Staunen heraus: „O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind Seine Entscheidungen, wie unerforschlich Seine Wege!“ (11:33). Kann es denn wirklich sein, dass wir einen so gnädigen Gott haben?!.. Oder träume ich nur?..  Mir fehlen die Worte.

Aber wie wollen wir das in unserem alltäglichen irdischen Leben umsetzen? - Es ist dann doch gar nicht in Worte zu fassen, welche Hochachtung unsere Eltern, Großeltern etc. nach dem soeben Gesagten verdienen! Nehmen wir unsere Mütter. Schon wir (meine Generation der Nach-68-er) waren teilweise grausam zu unseren Eltern. In der heutigen Zeit der psychotischen linksliberalen Emanzipationsbewegungen haben Eltern nur Pflichten und Kinder nur Rechte. Der im Ansatz gutgemeinte Schutz vor häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch hat dazu geführt, dass Kinder mit entsprechenden Aussagen vor dem Jugendamt ihre Eltern erpressen können, wenn sie nicht alle halbe Jahre das neueste Smartphone oder die coolste Play-Station bekommen... Leute, besinnt euch endlich! Was wäret ihr ohne eure Eltern? Eure Mütter haben euch ausgetragen (was mitunter mit neunmonatiger Qual verbunden war), haben euch, als ihr noch ganz klein wart, gestillt und genährt, schlafen gelegt, später Bettgeschichten erzählt oder vorgelesen; heute waschen und bügeln sie eure Wäsche, machen drei mal am Tag das Essen für euch, kaufen alles Notwendige ein, räumen in der Wohnung auf, regeln alle behördlichen, schulischen, ärztlichen etc. Angelegenheiten für euch, organisieren mit eure Freizeit in Sportvereinen, Musikgruppen und im Elternkreis eurer Schulklasse, - und all das während sie selbst oftmals noch in Voll- oder Teilzeit berufstätig sind, wodurch ihr ein mal pro Jahr (mindestens!) einen tollen Urlaub geschenkt bekommt, dazu Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke in Hülle und Fülle, von denen sie als Kinder nicht zu träumen gewagt hätten. Und all das machen sie umsonst – nur aus Liebe zu euch!!! Und ihr schuldet ihnen dafür nichts?!.. Keinen Dank, keinen Respekt?! Null?!.. Wisst ihr denn nicht, wie man Menschen bezeichnet, die unentgeltlich und urlaubsfrei schuften (365 Tg./Jhr., 7 Tg./Wo., 24 Std./Tg.  in Dauerbereitschaft) und dafür keinen Lohn und keinen Dank erhalten?!.. Ihr Gretaner wollt heute den ganzen Planeten retten, kämpft für mehr Gerechtigkeit in der Welt – prima. Dann fangt doch gleich bei euch in der eigenen Familie damit an!.. Stellt euch nur vor, eure Mütter würden den Haushalt nicht aus Liebe zu euch, sondern aus purer Notwendigkeit zum Zwecke des Broterwerbs führen, also von euch den gesetzlichen Mindestlohn von 9,35 € pro Stunde (ab dem 1. Januar 2020) fordern, - könnt ihr euch vorstellen, wie hoch euer Schuldenberg dann wäre?! - Und ihr erdreistet euch, noch unzufrieden zu sein, wagt es noch, darüber hinaus etwas von euren Eltern zu verlangen?! Ja, wolltet ihr denn lieber Vollwaisen sein?!.. Dann hängt doch lieber gleich alle Spiegel in eurem Hause mit Decken und Tischtüchern zu, damit ihr morgens, mittags und abends nicht reinschauen müsst! Oder lebt endlich konsequent nach dem Evangelium, anstatt sich permanent der allgegenwärtigen linksversifften Gehirnwäsche auszusetzen.  

Wir alle müssten Tag und Nacht auf Knien für das danken, was wir von unseren Eltern bekommen haben. Sicher gibt es hier und da auch „Rabeneltern“, aber nicht uns steht es zu, über sie zu urteilen. Wie soeben gelernt, können auch sie von Gott Gnade erfahren, wenn wir nur die richtigen Schlüsse für unser Leben ziehen. Nutzt die Zeit, die ihr in eurem Elternhaus verbringen dürft zur Weichenstellung für euer eigenes geistliches Leben: „Geht euren Weg, solange ihr das Licht habt, damit euch nicht die Finsternis überrascht. Wer in der Finsternis geht, weiß nicht, wohin er gerät. Solange ihr das Licht bei euch habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichtes werdet“ (Joh. 12:35b-36a).

Für die meisten erwachsen gewordenen Menschen bleibt die Kindheit im Hause ihrer Eltern als dankbarste Erinnerung bestehen. Selbst die Generationen, die (anders als wir) infolge von Kriegen und Revolutionen praktisch ihrer gesamten Kindheit beraubt wurden, hatten ein Elternhaus, in dem sie trotz Bomben und Terror Schutz und Geborgenheit fanden. Was für ein Glück das war, wenn der Papa an der Front kämpfte, dafür aber wenigstens die Mama an der Seite ihrer Kinder war! Mit Gottes Hilfe besorgte sie auch noch täglich etwas Essbares für die Familie. Oh ja, die Kinder von damals, sofern sie noch am Leben sind, wissen das zu schätzen. Und ihr, die ihr in Frieden und Wohlstand lebt, wollt euren Eltern keinen Dank entbieten? - Dann nehmt euch doch wenigstens das allergrößte Beispiel von allen zu Herzen, unseren Herrn Jesus Christus, Der das Licht der Welt ist (s. Joh. 8:12; 9:5), damit auch ihr das Licht der Welt sein könnt (s. Mt. 5:14). Ihr könnt es in der Tat sein, wenn ihr euch zuallererst Seinen elterlichen Gehorsam zu Gemüte führt (s. Lk. 2:51). Nur so werdet auch ihr an Weisheit zunehmen und Gefallen bei Gott und den Menschen finden (s. Lk. 2:52; vgl. 1 Kön. 2:26). Dann werden einst auch eure Nachkommen von Gott  gesegnet sein. Und Ihr werdet die ersten sein, die dann vor Dankbarkeit überströmen – Gott und und euren nächsten Vorfahren gegenüber. Amen.

Jahr:
2020
Orignalsprache:
Deutsch