Predigt zum Herrentag von der Vertreibung Adams / Vergebungssonntag (Röm. 13:11-14:4; Mt. 6:14-21) (10.03.2019)

Liebe Brüder und Schwestern,

wenn ein Weg lange und beschwerlich zu werden verspricht, hängt viel davon ab, wie man sich auf die Reise vorbereitet hat, damit man in schwierigen Situationen die nötige Motivation und Ausdauer hat, um nicht entmutigt umzukehren. Unsere Motivation heißt Christus. Wir dürfen Ihn nicht dadurch enttäuschen, dass wir uns Seiner Heilstaten als unwürdig erweisen. Der Weg zurück ins Paradies ist mit viel Mühe und Anstrengung verbunden ist, denn da ist einer, der mit viel List und Tücke alles unternehmen wird, um uns von diesem Weg abzubringen. Aber auch wenn die List der Schlange beträchtlich ist – der Teufel ist das hinterlistigste und heimtückischste von allen Geschöpfen – brauchen wir uns vor ihm nicht zu fürchten, wenn wir an Christus festhalten.

„Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes“ (Lk. 16:8), weshalb der Herr von uns erwartet, dass wir dem Widersacher auf adäquate Weise entgegentreten (s. Mt. 10:16). Er ist listig, wir wollen aber klug sein. Dass diese beiden Adjektive keine Synonyme sind, zeigt sich bei näherer Betrachtung. Der hl. Antonios der Große (256-356), der Begründer des Mönchtums, begegnete ihm einst in der Wüste und fragte den Satan, weshalb dieser sich denn nicht mit Gott versöhnen wolle, da er doch wisse, dass er am Ende alles unweigerlich verlieren werde und unvorstellbare Qualen zu erleiden habe (s. Mt. 8:29). Der Widersacher gab zur Antwort, dass er all die Macht, die er jetzt in dieser Welt habe, um keinen Preis missen wolle. Sein Hochmut hindere ihn zudem daran, Gott um Vergebung zu bitten...

Auch wenn Luzifer, der Lichtträger, wohl die von Gott mit den meisten Gaben ausgestattete Kreatur ist, wird ihm seine Genialität zum Verhängnis, wenn er sich gegen Gottes Willen stellt. Insofern ist er zwar hinterhältig bis zum Gehtnichtmehr, aber zugleich auch der dümmste von allen. Der hl. Paisios (1924-1994) sprach immer abfällig als Tangalaki (russ. тангалашка) von ihm, was wohl soviel bedeutet wie Depp oder Trottel. Ein Islamist, ein Satanist, ein fanatischer Atheist handelt ja irgendwie aus Überzeugung bzw. aus Verblendung – sie sind „betrogene Betrüger“ (2 Tim. 3:15), - aber der „Vater der Lüge“ (Joh. 8:44) kennt sich bestens aus, er wurde ja von niemandem sonst überlistet, denn er befindet sich am Ende der Betrugskette. Er kann sich zur Selbstrechtfertigung auf keinen anderen mehr berufen. Im Grunde ist er der bemitleidenswerteste von allen. Er, der am Anfang Gott am nächsten war, der hellste Stern am Firmament, handelt absolut widersinnig. Seine einstige Pracht und Herrlichkeit reichten ihm nicht. Er wollte sein wie Gott, und so verleitete auch unsere Urahnen dazu, Gott gegenüber untreu zu sein (s. Gen. 3:5). Schlau (=listig) ist also nicht dasselbe wie klug (=weise). Im Russischen sagt man: „Du kannst ganz Sibirien mit einer betrügerischen Masche durchqueren, aber der Rückweg bleibt dir dann verwehrt“. Und bei uns sagt man: „Wer ein Mal lügt, dem glaubt man nie mehr“. Selber schuld!

Für uns ergibt sich daraus nun diese Schlussfolgerung: wir müssen bemüht sein, in allem nach Gottes Willen zu handeln. Jeden Tag, zu jeder Stunde, in jedem Augenblick. „Ob ihr also esst oder trinkt oder etwas anders tut: tut alles zur Verherrlichung Gottes“ (1 Kor. 10:31). Die Gefahr ist groß, dem Teufel auf den Leim zu gehen, wenn wir aus Hochmut, Unbekümmertheit, Eigensinn etc. Gottes Willen missachten und stattdessen eigene Ziele verfolgen. Wie viele Unbelehrbare hat es schon gegeben, die von der Gemeinschaft des Herrn abgefallen sind (vgl. Mt.18:17)! Sie gleichen unseren heutigen U-Boot-Christen (welche ein Mal im Jahr „auftauchen“), die zwar das Evangelium nie gelesen haben, aber dennoch besser als alle Priester wissen, was darin geschrieben steht. Wenn es hart auf hart kommt, entscheiden sie sich dann für ihren Weg, nicht für den Weg in der Gemeinschaft Christi. Markantes Beispiel hierfür ist die „putinfreie Kirche“ in der Ukraine, die es dank der List des Teufels und mithilfe der gefallenen Menschennatur geschafft hat, die seit mehr als 1000 Jahren dort ansässige Kirche Christi zur staatsfeindlichen Organisation und alle ihre Angehörigen zu Agenten einer ausländischen Macht zu erklären. Das hatten zuvor nicht einmal die Kommunisten geschafft! Politik, Nationalismus etc. ist Menschenwerk bzw. - wenn es gegen Gott gerichtet ist - Teufelswerk. Aber kann man mittels Hass und Ausgrenzung Gottes Willen dauerhaft widerstehen?! Es ist ein fataler Irrweg. Wir aber wollen „nichts wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten“ (2 Kor. 2:2).

Wenn wir also mit Christus bleiben, wird die bevorstehende Fastenzeit trotz unvermeidlicher Erschwernisse eine Zeit der freudigen Rückkehr in die weit ausgebreiteten Arme des himmlischen Vaters (vgl. Lk. 15:20). Buße tun, sich mit Gott und den Mitmenschen versöhnen – gibt es etwas Schöneres? Die eigene Sündhaftigkeit beweinen und dabei die entgegenkommende Liebe Gottes real zu spüren, das ist es, was Protopresbyter Alexander Schmemann (+1983) als „freudige Betrübnis“ und „betrübte Freude“ bezeichnet. Hier wirkt die Gnade spürbar für jeden. Aber das kann außerhalb der Kirche Christi wohl keiner begreifen – es sei denn, er wird direkt von Gott berufen und schließt sich demütig dieser göttlich-menschlichen Gemeinschaft an.

Mit Christus wird alles zur Freude. Wenn ich z.B. in meiner Kirchengemeinde nach der Liturgie beim Aufräumen helfe und dabei immer daran denke, dass ich damit Christus diene, wird mein Herz frohlocken. Mit Christus sind schlimmste Verfolgungen und Jahre im Arbeitslager eine Wonne. Selbst Tod und Folter lassen die an Christus Glaubenden vor Freude überschäumen. Und so soll auch diese Zeit der Entbehrung zur geistlichen Labsal für uns alle werden. Amen.

Jahr:
2019
Orignalsprache:
Deutsch