Lk 18,35-43_Eph 2,14-22 (01.12.2019_3. Sonntag der Adventsfastenzeit)

Liebe Brüder und Schwestern,

im Evangelium des letzten Sonntags (Lk 18,18-27) begegnete uns ein reicher Oberster, welcher Jesus danach fragte, was er zu tun habe, um das ewige Leben zu erlangen. Dieser reiche Mann war geschult in dem Gesetz und reich in dem Wissen um die Gebote: Er töte nicht, er stahl nicht, er log nicht und er ehrte seinen Vater und seine Mutter. Und doch ging er traurig von Christus fort und verließ die Gemeinschaft mit Ihm, als Jesus Christus ihm den Weg zum ewigen Leben wies und er es nicht vollbringen konnte. Er wollte seinen irdischen Reichtum nicht verlassen, um dafür einen himmlischen Schatz zu erlagen. Zwar wollte er Gott in den Geboten folgen. Aber Christus wollte er nicht folgen, welcher doch als Sohn Gottes vor ihm stand.

Das Evangelium des heutigen Sonntags (Lk 18,35-43) zeigt uns eine ähnliche Situation. Wieder tritt ein Mann an Christus heran. Diesmal jedoch erkennt er in Ihm den Sohn Davids, den angekündigten Messias und somit den Sohn Gottes. Denn während die umstehende Menge Jesus nach seiner irdischen Herkunft als „Jesus von Nazareth“ bezeichnet (V.37), so benennt Ihn dieser eine Mann nach seiner himmlischen Herkunft mit dem messianischen Titel „Sohn Davids“. (V.38) Und anders als noch der reiche Mann, welcher im Gesetz Gott folgen wollte, aber Christus verstieß, so endet das heutige Evangelium damit, dass dieser Mann, welcher Christus als Sohn Gottes erkannte, Ihm auch nachfolgt und in der Gemeinschaft mit Gott bleibt.

Doch was muss geschehen, dass auch wir nicht bloß äußeren Geboten und Satzungen folgen, sondern diese vielmehr zu einer Hilfestellung in der Nachfolge Christi werden? Um diesen Unterschied zu verstehen, führen wir uns noch einmal den reichen Mann und den Mann aus dem heutigen Evangelium vor Augen.

Der reiche Oberste suchte nach dem Weg zum ewigen Leben, verschloss aber kurz vor dem Ziel seine Augen vor dem, was zwischen ihm und Gott stand und verließ schließlich Christus. Er verließ die Gemeinschaft, aus welcher er vielleicht eines Tages seinen Reichtum hätte verlassen können.

Der Mann aus dem heutigen Evangelium hingegen war blind und wusste um die Notwendigkeit der Hilfe Gottes. Und so erkannte er in Christus den Retter dieser Welt und rief ihm nach: „Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ (V.38) Ungeachtet jeder Einschüchterung von außen (V.39a) hielt er an diesem Ruf fest und rief weiter: „Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!“ (V.39b) Und Jesus hört ihn, bleibt stehen und wendet sich diesem blinden Mann zu und spricht: „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ (V.41) Und so wünscht sich der blinde Mann nur das Eine: „Herr, dass ich sehen kann.“ (V.41) Und als der blinde Mann durch Christus geheilt wird, öffnen sich seine Augen und er sieht Jesus. Und es öffnen sich auch seine geistigen Augen und er erkennt in Jesus den Christus, den Sohn Gottes. Denn sogleich lässt er alles stehen und liegen. Und so folgt er Ihm nach und bleibt in der Gemeinschaft mit Gott. (V.43)

In der heutigen Epistel aus dem Brief an die Epheser (2,14-22) schreibt der hl. Apostel Paulus, dass wir durch Christus in dem Heiligen Geist Zugang zum Vater haben. (V.18) Und so haben wir nicht mehr nur durch das Gesetz einen Zugang zu Gott, wie es der reiche Mann annahm. Sondern vielmehr sind wir durch Christus mit Gott versöhnt (V.16) und haben den Geist Gottes empfangen. Und so wie die Augen des Blinden geöffnet wurden und er in der Gemeinschaft mit Gott Christus nachfolgte, so möchte Gott auch unsere innere Blindheit von uns nehmen. Denn nur unsere Seele wird den himmlischen Schatz erkennen, welchen wir in Christus empfangen, wenn wir innerlich zur Ruhe kommen, uns unserer blinden Flecken bewusst werden und beten: „Herr Jesu Christe, du Sohn Gottes, erbarme dich meiner.“ Und dann wird unser Herz zu einem Ort, an dem Gott Wohnung nimmt. Denn so wie das Gesetz der Juden in der Bundeslade im Allerheiligsten des Tempels aufbewahrt wurde, so will nun auch Gott in unserem Herzen - in unserem Allerheiligsten - Wohnung nehmen und unsere Leiber zu Seinem heiligen Tempel verwandeln. (V.22 und vgl. 1Kor 3,16-17) Christus wendet sich in dem heutigen Evangelium dem Blinden zu und heilt ihn mit den Worten: „Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen.“ (V.42) Und so hilft in dem Moment der inneren Blindheit uns auch unser Glaube an den Sohn Gottes, dass er uns helfen, heilen und heiligen kann.

So möge Gott auch die Blindheit unserer Seele heilen und uns Christus erkennen lassen, auf dass wir Ihm nachfolgen in all unserem Denken, Reden und Handeln. Denn Ihm gebührt alle Herrlichkeit, Macht und Anbetung, jetzt, immerdar und in alle Ewigkeit. Amin.