Lk 13,10-17_Eph 4,1-7 (08.12.2019_3.Sonntag_der_Adventsfastenzeit)

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn,

seit Beginn der Adventsfastenzeit begegneten uns bereits zwei Männer – ein reicher Oberster und der Blinder zu Jericho. Diese beiden suchten Christus auf bzw. riefen Ihm nach, um den Weg in das ewige Leben zu finden und von ihrer Blindheit geheilt zu werden. Diese beiden Männer waren auf der Suche und fanden Christus.

  1. Die in sich verkrümmte Frau

Das Evangelium des heutigen Sonntags (Lk 13,10-17) reiht sich in diese Begegnungen zwischen Mensch und Christus ein und zeichnet dennoch ein ganz anderes Bild. Denn während die beiden Männer auf der Suche nach Gott waren, so finden wir im heutigen Evangelium eine Frau, welche so sehr in sich selbst verkrümmt ist, dass sie Christus überhaupt nicht mehr wahrnimmt. Durch einen unreinen Geist ist sie in sich selbst verdreht, so dass all ihre Wahrnehmung nur noch auf sie selbst gerichtet ist. Während der reiche Mann und der Blinde zu Jericho Christus noch aufsuchten und Ihm hinterherriefen, so bleibt diese Frau bei sich selbst stehen. Denn wie es ihre körperliche Ver­krümmung andeutet, so zeigt sich dies auch in ihrer seelischen Haltung. Sie schafft es von sich aus nicht mehr, dass ihre Seele den Blick erhebt und Gott sucht. Und so heißt es von ihr im Evange­lium: „Und siehe, eine Frau war da, die hatte seit achtzehn Jahren einen Geist, der sie krank machte; und sie war verkrümmt und konnte sich nicht mehr aufrichten.“ (V.11)

  1. Unsere innere Verkrümmung

In dieser Frau finden wir ein Sinnbild für unsere eigene Seele. Auch wir erleiden die Krankheit der Verkrümmung unserer Seele, wenn wir aus der Gemeinschaft mit Gott treten. Wenn wir nicht als Kinder Gottes in Seiner Gemeinschaft bleiben, sondern als Kinder Adams uns von Gott abkehren, dann werden wir wie Kain, dem Sohn Adams und Evas. Denn als Kains Opfer von Gott nicht angenommen wurde, da es nicht aus reinem Herzen dargebracht war, ergrimmte Kain und wurde neidisch auf seinen Bruder. Und so heißt es von Kain, dass er in seinem Zorn den Blick senkte. (Gen 4,5) In diese Änderung seiner Blickrichtung geschieht die Selbstverkrümmung seiner Seele. Und Gott ruft genau dort hinein und spricht zu Kain: „Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie.“ (Gen 4,7) Doch Kain folgte diesem Ruf Gottes nicht, sondern folgt der Sünde, welche ihn zu dem Mord an seinem Bruder führte.

Auch wir erleiden die Krankheit der seelischen Verkrümmung, wo unsere Suche nach Gott und unsere Hingabe an die Gemeinschaft mit Ihm aufgehört hat. In diesem Moment beginnt sich unser Blick von Ihm abzuwenden, wie es bei Kain der Fall war. Und wo wir Gott nicht mehr als Gott anbeten, da wird etwas anderes zu unserem Gott. Und während wir nicht mehr unser Leben ganz Gott leben, ändert sich unsere Blickrichtung und wir bleiben in unserer Verkrümmung bei uns selbst stehen. (vgl. Röm 1,20-32)

  1. Die Hoffnung angesichts der Adventszeit

Doch angesichts der Adventszeit und unserer Vorbereitung auf die Geburt Christi gibt uns das heutige Evangelium auch Hoffnung. Dieser Sonntag gibt uns Hoffnung für unseren Nächsten, welcher in sich selbst ver­krümmt ist, welcher seinen Blick nicht zum Himmel richten kann und Gott nicht mehr kennt. Aber dieser Sonntag gibt auch uns Hoffnung, dass wir aus unserer eigene Selbstzentrierung von Gott herausge­rufen werden und den Blick wieder zu Gott erheben können. Denn so heißt es im Evangelium: „Als aber Jesus sie (die Frau) sah, rief er sie zu sich und sprach zu ihr: Frau, sei frei von deiner Krankheit!“ (V.12) Hier sieht nicht die Frau. Hier sieht Gott, was mit dieser Frau ist. Hier ruft nicht die Frau zu Gott. Hier ruft Jesus Christus zu dieser Frau. Hier nähert sich die Frau nicht von selbst, sondern erst als sie den Ruf Gottes vernimmt, der zu ihr sagt: „Frau, sei frei von deiner Krankheit!“ Und als die verkrümmte Frau diesem Ruf folgte, legte Jesus seine „Hände auf sie; und sogleich richtete sie sich auf und pries Gott.“ (V.13)

Möge auch unsere Seele den Ruf Gottes hören und unser Blick sich auf Ihn richten, auf dass auch Christus in dieser Adventszeit in unseren Herzen ankomme. Dies schenke Christus unser Gott, dem da gebührt alle Verherrlichung, Ehre und Macht, in alle Ewigkeit. Amin.