Über die Verehrung der Reliquien deutscher Heiliger

Vortrag im Rahmen einer Konferenz über die Heiligen im deutschen Sprachraum (Berlin, Herbst 2019)

Der hier vorgestellte Überblick handelt von „deutschen“ Heiligen nicht im Sinne einer zugeschriebenen „Nationalität,“ die es im ersten Jahrtausend noch gar nicht gab. Vielmehr bezeichnet dieses „Deutsche“ jene Orte des Wirkens und Leidens von Menschen aus dem Nahen Osten, aus Aquitanien, Irland und England, die zum Gebiet des heutigen Deutschland gehören. Es geht also darum, in diesem modernen Deutschland Orte der Heiligkeit aufzuspüren, die durch eine rechte Verehrung für die orthodoxe Kirche zu erschließen sind.

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Über die Verehrung von Reliquien jener Heiligen der einen, ungeteilten Kirche, die auf dem Gebiet des heutigen Deutschland gewirkt und gelitten haben

Cornelia Hayes

Eminenzen, hochverehrte Väter, liebe Brüder.

Es ist eine Freude und große Ehre, in diesem erlauchten Kreis über die Reliquien der, wie ich abkürzend sagen werde, „deutschen Heiligen“ sprechen zu dürfen. Zunächst möchte ich die Bedeutung einer Verehrung dieser Heiligen für die orthodoxe Mission in unserem Land in den Blick zu nehmen. Der zweite Teil bietet einen groben Überblick über die Verehrungsorte dieser Heiligen inDeutschland.

1.   Zur Bedeutung der Verehrung der Reliquien „deutscher Heiliger“

a) Orthodoxie als Fremdkörper

Bis heute gilt die orthodoxe Kirche in Deutschland als Fremdkörper. Man schätzt die pittoresken Gotteshäuser russischer Kurgäste und Prinzessinen, hat die Emigranten der Zwischenkriegszeit kaum bemerkt und verbucht das heute vielsprachig orthodoxe Gemeindeleben in den gastfreundlich bereitgestellten - oder resigniert entsorgten - eigenen Kirchgebäuden als Integrationshilfe für Migranten. Auch diese fremdeln: Voll ausgelastet mit dem Aufbau neuer Existenzen und der Versorgung von Verwandten daheim, bleibt ihnen nur selten Zeit, um die orthodoxe Zukunft ihrer hier heimisch gewordenen Nachkommen zu bedenken. Schlimmer noch, sie halten den evangelischen oder katholischen Glauben ihrer hiesigen Mitbürger für Natur-gegeben. Selbst noch mit der Rückgewinnung ihrer durch lange Verfolgung geschwächten orthodoxen Kultur beschäftigt, haben sie keinen Blick für das Absterben des Christentums hier im Westen.

Dennoch geschehen Wunder: deutsch-sprachige monastische Gründungen (wie die Skite des Heiligen Spyridon bei Limburg oder die Verkündigungs-St. Justin Einsiedelei bei Fulda) und deutschsprachige Gemeinden (z.B. in Mainz, Weimar, Hamburg, München) gewähren all jenen Hilfestellung, die sich nicht durch „Einheirat“ zum „griechisch-, rumänisch-, serbisch- oder russisch-Werden“ eingeladen – oder genötigt finden.

Sicherlich hat die russische Kirche, ihrer missionarischen Tradition gemäß, die umfassendsten Initiativen entfaltet. Doch bleibt die Ernte mager: Für deutsche Konvertiten bedeutet die Hinwendung zur einen wahren Kirche Christi weiterhin eine Abwendung von der eigenen, ein ganzes Jahrtausend hindurch von häretischen Entstellungen geschwächten Christlichkeit. Schon Joseph Julian Overbeck (1820-1905) hat die Notwendigkeit eines Anknüpfens an der Tradition der einen ungeteilten Kirche in West-Europa betont. Er irrte allerdings, wenn er meinte, neu-bekehrte Orthodoxe könnten solches Anknüpfen aus eigener Kraft, theologischer Einsicht und frommer Entschlossenheit bewerkstelligen. Er verstand nicht, daß der hierzu notwendige Zugang zum Geist der Kirche einer langfristigen orthodoxen Inkulturation bedarf, d.h. einer Lehrzeit für Herz, Gemüt und Sinne. Eine solche Lehrzeit ist unverzichtbar, ganz unabhängig von der häufig sogar überlegenen dogmatischen und historischen Informiertheit derer, die sich bewußt für die Orthodoxie entschieden haben. Aber auch sie brauchen die Gemeinschaft mit, und Anleitung durch jene, denen die orthodoxe Herzensbildung in Generationen gelebter Kirchlichkeit in „Fleisch und Blut“ übergegangen ist.

Wenn wir also hier in Deutschland von der Notwendigkeit orthodoxer Mission sprechen, so geht es nicht um vorschnellen Ehrgeiz im Blick auf eine irgendwie angestrebte „deutsche Orthodoxie“. Es geht vielmehr um eine langfristige Aufgabe, die nur mit dem Beistand göttlicher Gnade gelingen kann.

b) Notwendigkeit der Fürbitte unserer Heiligen

Hierzu brauchen wir die Fürbitte jener Heiligen der einen wahren, noch ungeteilten Kirche, die in den heute zu Deutschland gehörenden Regionen gewirkt und vielfach auch ihr Leben für Christus hingegeben haben. Ihre Gebete, ihr Blut, haben unser Land geheiligt; sie warten auf unsere Hinwendung zu ihrer Fürsprache.

1)   Zugangsschwierigkeiten für Orthodoxe Christen

Allerdings ist der Zugang zu diesen Heiligen vielfach behindert. Als im vergangenen Jahr eine Gruppe von 12 Priestern und Laien einen Verein für „Deutschsprachige Orthodoxie in Mitteleuropa“ gründete, konnte sie keinen heiligen Patron finden, der das Anliegen einer orthodoxen Missionsgesellschaft angemessen kenntlich machen könnte. Wir einigten uns schließlich auf den himmlischen Erzengel Michael. Die deutschen Heiligen unserer Kirche hier im Westen werden nämlich ganz unreflektiert, und wie selbstverständlich, von der herrschenden römisch-katholischen Hierarchie beansprucht und ihr im öffentlichen Bewußtsein zugeordnet. Die bildlichen Darstellungen dieser Heiligen sind durch künstlerische Beliebigkeit überformt; ihre Viten durch entstellende Legenden verzerrt. Die Verehrung ihrer Reliquien wird behindert durch deren Aufbewahrung in Tresoren, Pfarrhäusern und Sakristeien, oder hinter Alarm-geschütztem Glas in Museen. Auch dort, wo Reliquien noch in Altären, Monstranzen oder Sarkophagen eingefügt sind, bleiben sie für Berührung unerreichbar. Zudem befinden sie sich in gottesdienstlichen Räumen, deren Frömmigkeitskultur orthodoxen Christen fremd ist.

Diese Schwierigkeit trifft zunächst deutsche Konvertiten: Sie haben im Prozess ihrer Ablösung von der heimischen christlichen Tradition eine bewußte Neuorientierung vollzogen. Orthodox-werden verlangt die Entschlossenheit, das frühere Vertrautsein, die emotionale Bindung, an Architektur und Ausstattung hiesiger Kirchräume abzulegen. Wer die Herrlichkeit der Orthodoxie kennengelernt hat, betritt selbst katholische Kirchen mit einer inneren Reserve, die eine unbefangene Hinwendung zu den dort gegenwärtigen Heiligen im Gebet erschwert.

Dieselbe Schwierigkeit trifft aber auch Christen aus orthodoxen Ländern. Viele von ihnen haben nicht das Wissen, um die Fremdheit katholischer Kirchenräume als Zeichen theologischer Fehlentwicklung wahrzunehmen. Oft kommen Sie auch aus Gegenden, in denen der Katholizismus seine eigenen kunstgeschichtlichen Spuren hinterlassen und die Integrität orthodoxer Raumgestaltung und Bildprogramme gestört hat. Solche Einwanderer sind oft sogar bereit, statt weiter Fahrten zur nächsten orthodoxen Kirche den katholischen oder evangelischen Gottesdienst in der Nachbarschaft zu besuchen. Für sie stellt die Verehrung deutscher Heiliger ein Risiko dar: Als Gäste zu höflich, um ihre hier ansässigen christlichen Brüder als – wenn auch unschuldige – Mitglieder einer häretischen Kirche anzusehen, schlagen sie bei der Verehrung hiesiger Heiliger die kanonischen Warnungen gegen gemeinsame Gottesdienste in den Wind.

Andererseits ist es gerade die kanonisch korrekte Reserve bei theologisch gebildeten Orthodoxen, die diesen eine Wertschätzung der deutschen Heiligen erschweren. Sie betrachten nicht-orthodoxe Gotteshäuser höchstens als kunsthistorische Museen. Bei einem Pilgertreffen, das ich vor Jahren für einige orthodoxe Priester und ihre Frauen in St. Gallen organisierte, erlebte ich, wie respektlos einige dieser Kleriker sich im Dom verhielten: Anstatt sich zunächst dem Heiligen in seinen dort Reliquien zuzuwenden, schlenderten sie betrachtend umher, fotografierten die Gemälde oder unterhielten sich. Es kostete einige Mühe, sie zum gemeinsamen Gebet zusammenzubringen.

2)   Die prekäre Situation der Reliquien im römisch katholischen Kontext

Solche Mißachtung wird natürlich gefördert durch Mißbrauch, den die Reliquien im katholischen Westen erfahren haben. Dieser beginnt schon mit ihrer politischen Instrumentalisierung unter den Karolingern; er erreichte einen Höhepunkt während der Gegenreformation, als zur Hebung der durch die Reformation gestörten Volksfrömmigkeit eine geradezu zynische Massenproduktion neuer Katakombenheiliger unternommen wurde. Eine ebenso schädliche Gegenreaktion erfolgte mit den Reformbemühungen des Zweiten Vatikanums: Deren wenig behutsame Umsetzungen führten zur Entwertung und Entsorgung zahlreicher Reliquien. Heutige Nachforschungen über unsere orthodoxen Heiligen wecken darum oft Verlegenheit bei Pfarrsekretärinnen, Kirchendienern, Vikaren und sogar Priestern. Nicht nur sind durch frühe Brandkatastrophen, Übertragungen, Zerstörungen während der Reformation, im dreißigjährigen Krieg, durch die Säkularisierung und die beiden Weltkriege viele Reliquien vernichtet, verbrannt und vergessen worden. Den größten Schaden richtete vielmehr jenes vatikanische Umdenken an, das die Reliquien einer Hermeneutik des Mißtrauens aussetzte.

Zwar ist seit einigen Jahren das Interesse am touristischen Nutzen festlich begangener Patrozinien neu erwacht. Dennoch bleibt es schwierig, von Pfarrern und Gemeinderäten katholischer Kirchen Auskunft über etwa vorhandene Reliquien selbst der Namenspatrone ihrer Kirchen zu erhalten. In einem historisch berühmten und auch heute noch funktionsfähigen katholischen Kloster bedurfte es mehrerer, jährlich vorgetragener Bitten der Geilnauer Mönche, bevor die Reliquien des Kirchenpatrons aus ihren Pappkartons auf dem Dachboden befreit und in würdiger Form ausgestellt wurden.

Wie jeder Orthodoxe weiß, liegt der Grund für diese Entwicklung in der bis heute fehlenden Bereitschaft westlicher Christen, die vom Heiligen Gregor Palamas zum kirchlichen Bewußtsein gebrachte Unterscheidung zwischen dem Wesen der göttlichen Dreiheit und ihren Energien mitzuvollziehen. Solange das Licht, das den drei Jüngern Christi während Seiner Verklärung in die durch Gnade geöffneten Augen fiel, nicht als „ungeschaffen“ anerkannt wird, muß die Heilswirkung, die von der in den Leib der Heiligen eingehenden, diesen vergöttlichenden Gnade auch für jene ausgeht, die sich den Überresten dieses Leibes in rechter Verehrung nähern, dem Sinn verschlossen bleiben. Darum sind auch gut gemeinte katholische Versuche, den „Umgang mit Reliquien heute“ zu rechtfertigen, nicht letztlich hilfreich, wie am Beispiel eines Beitrags des damaligen Weihbischofs von Köln (heute Bischof von Würzburg), Friedhelm Hoffmann, in der Kölner Kirchenzeitung von 2001 deutlich wird.[1]

c) Vorteile einer offiziellen Anerkennung der „deutschen“ Heiligen

Wenn nun unsere orthodoxen Mutterkirchen, und hier besonders die russische Kirche, ihre Stimme erhebt für die Heiligen der einen ungeteilten Kirche, die auf deutschem Gebiet gewirkt und gelitten haben, so wird dies den Zugang orthodoxer Christen zu diesen Heiligen bedeutend erleichtern. Eine solche Anerkennung wird bei Zugewanderten und Einheimischen das Bedürfnis wecken, die Reliquien jener Heiligen zumindest im Gebet aus ihrer Gefangenschaft in einer häretischen Umwelt zu befreien und ihnen das angestammte geistliche Zuhause zurückzugeben. Unsere Ikonen dieser Heiligen sind heute in katholischen Kirchen willkommen. Unsere Pilgerfahrten können durch Gebete und Gottesdienste auch die uns fremden Kirchgebäude heiligen. Sie können bei den für jene Heiligen Verantwortlichen einen Sinn dafür wecken, wie man Reliquien richtig verehrt. Wie oft habe ich bei diesen Menschen, die selbst an der Verarmung ihrer Glaubenswelt leiden, Tränen der Freude gesehen, wenn sie erfuhren, welche Liebe orthodoxe Christen den von ihnen gehüteten und nur im Verborgenen wertgeschätzten Heiltümern entgegenbringen. Natürlich sind sie allesamt fest in ihre Kirche eingebunden und können diese schon aus existentiellen Gründen nicht verlassen. Unsere Verehrung ihrer Reliquien kann hier eine Sehnsucht wecken, die irgendwann einmal Früchte tragen mag. Zumindest machen es die erhofften Busladungen serbischer, griechischer, rumänischer und russischer Pilger, die diese Heiligen verehren, zunehmend schwieriger, die Orthodoxie in Deutschland als kulturelles Migrations-Phänomen abzutun.

Auch bei den aus Russland eingewanderten Christen wird eine Anerkennung der deutschen Heiligen den Sinn dafür wecken, daß sie – kirchlich gesehen – nicht ganz in der Fremde gelandet sind, sondern aufgerufen, für sich und ihre Kinder hier vor Ort nach Wurzeln ihrer Kirche zu suchen. Eine solche Anerkennung kann aber auch alle anderen orthodoxen Neubürger in Deutschland daran gewöhnen, sich nicht in erster Linie als russisch-, rumänisch-, griechisch- oder serbisch-orthodox zu sehen, sondern als „orthodox“ aus russischer, rumänischer, griechischer oder serbischer Tradition. Nur so läßt sich den neu Bekehrten ja klarmachen, daß auch sie berufen sind, in den nächsten paar Jahrhunderten am Werden einer Orthodoxie deutscher Tradition mitzuwirken.

Die von allen Christen ersehnte, von Christus Selbst gebotene Einheit unter Seinen Nachfolgern ist während des letzten Jahrhunderts ökumenistischer Dialoge nicht befördert worden.  Sie ereignet sich in dem Maße, in dem die von der einen wahren Kirche getrennten Gläubigen des Westens zu dieser Kirche zurückfinden. Ein wesentlicher Schritt hierzu ist ihre Einstimmung in die rechte Verehrung der hiesigen Heiligen dieser Kirche.

2.   Verehrungsorte deutscher Heiliger

Der hier vorgestellte Überblick handelt von „deutschen“ Heiligen nicht im Sinne einer zugeschriebenen „Nationalität,“ die es im ersten Jahrtausend noch gar nicht gab. Es geht dabei auch nicht um die Prominenz der Verehrung dieser Heiligen in Deutschland, denn sonst müßte, z.B., der pannonisch-fränkische Heilige Martin von Tours, der nur kurz als militärischer Gefangener in Worms weilte, an erster Stelle stehen. Vielmehr bezeichnet dieses „Deutsche“ jene Orte des Wirkens und Leidens von Menschen aus dem Nahen Osten, aus Aquitanien, Irland und England, die zum Gebiet des heutigen Deutschland gehören. Es geht also darum, in diesem modernen Deutschland Orte der Heiligkeit aufzuspüren, die durch eine rechte Verehrung für die heute noch fremde orthodoxe Kirche als ihr eigenes Territorium zu erschließen sind. Darum beschränkt sich dieser Überblick auch nicht auf Reliquien, sondern bezieht auch die Wirk-Orte und Grab-Plätze unserer Heiligen mit ein.

Beschränkt bleibt dieser Überblick aber in drei anderen Hinsichten. Zunächst einmal werden nur die Orte der ursprünglichen Verehrung genannt, nicht die durch spätere Übertragungen entstandenen Wallfahrtsorte. Diese Zurückhaltung ist zunächst einmal um der Bewältigbarkeit des Materials willen geboten. Sie scheint auch ratsam, sofern die Verteilung von Reliquien und die Förderung ihrer Verehrung zuweilen mehr durch fürstliche und kirchenfürstliche Interessen bedingt war als durch die Sehnsucht frommer Gläubiger. Darum stellen sich hier Echtheitsfragen, die zwar für Christen keine grundsätzliche Relevanz haben, die aber bei einer ersten Zusammenfassung des für die Anerkennung unserer Heiligen Wesentlichen beiseite bleiben sollen.

Eine zweite Beschränkung betrifft das Bemühen um zumindest annähernde historische Plausibilität. Auch hier müssen wir uns nicht zum Sklaven historischer Nachprüfbarkeit machen. Wir können z.B. an den Martyrern von „thebäischen“ Legionen trotz aller wissenschaftlichen Einwände festhalten. Aber in einem Kulturkreis, der schon seit dem 9. Jahrhundert durch theologische Verzerrungen gekennzeichnet ist, lassen sich die vielfältigen Widersprüche in der Überlieferung über die Gefährtinnen der Heiligen Ursula schwer ignorieren. Und schließlich wurden – bis auf zwei Ausnahmen - nur jene Heiligen berücksichtigt, die noch vor der karolingischen Abtrennung eines westlichen Imperiums verherrlicht wurden.

Schließlich bedarf die Anordnung der hier vorgestellten Verehrungsorte einer Erklärung: Sie versucht eine chronologische Gruppierung der jeweils betroffenen Heiligen, stellt geistige Bruderschaften zusammen, folgt aber ansonsten dem Jahr der Verherrlichung. So unterscheiden wir 1. Die Zeit des ausgehenden römischen Reichs, 2. die Frühzeit des fränkischen Reichs, und 3. die Zeit der merowingischen und karolingischen Konsolidierung. Innerhalb der römischen Gruppe stehen Laien-Martyrer, hauptsächlich aus der diokletianischen Verfolgung, neben frühen Bischöfen von Trier, Köln und Mainz mit ihren missionarischen Helfern. In der fränkischen Frühzeit gilt die Unterscheidung zwischen westfränkisch geprägter von iro-schottischer Mission mit Vorbehalt: In vielen Fällen ist eine eindeutige Zuordnung nicht möglich. Unter den späteren Merowingern und Karolingern schließlich folgen den angelsächsischen Zuwanderern die ersten einheimischen Missionare. Es sind diese einheimischen Missionare, denen wir die Grundlage einer tatsächlich genuin deutschen Orthodoxie verdanken.

a) Aus der Zeit des römischen Reichs                                                

KARTE

1)           Laien-Martyrer

(i) Soldaten, die der sogenannten Thebäischen Legion zugeordnet werden:
Cassius und Florentius von Bonn, Martyrer, + um 300, 10. Oktober

Bonn, Münster, Sarkophage in der Krypta aus einer darunter liegenden cella memoriae aus der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts, die auf einem spätrömischen Gräberfeld errichtet wurde. Die heutige Krypta bezeichnet den Ort der ersten Saalkirche aus dem (spätestens Ende des 4. Jahrhunderts).

Viktor von Xanten und Gefährten, Martyrer, + um 300, 10. Oktober

Als Ort des Martyriums gilt das Amphitheater in Birten bei Xanten. Die Gebeine des heiligen Viktors werden seit dem 12. Jahrhundert in einem Schrein aufbewahrt, der heute in den Hochaltar des Xantener Doms St. Viktor eingebettet ist

Gereon von Köln und Gefährten, Martyrer, + um 300, 10. Oktober

Gereons Sarkophag steht unter der Kölner Kirche St. Gereon in der Krypta

Ferrutius von Mainz, Martyrer, + 4. Jh, 29. Oktober

In Mainz-Kastell, auf der anderen Rhein-Seite, wird der Ort seines Leidens im dortigen Römerlager vermutet. Seine Reliquien liegen im Mainzer St. Martins Dom zusammen mit vielen anderen Reliquien Mainzer Heiligen im Reliquienschrein in der Ostkrypta.

(ii) Weitere Martyrer der diokletianischen Verfolgung
Afra von Augsburg, Martyrerin, + 304, 5. August

Die Kirche St. Afra im Felde (südöstlich bei Augsburg) wurde der Überlieferung nach an der Stätte ihres Martyriums erbaut.

Die von Afras Mutter Hilaria in Augsburg erbaute Grabkapelle ist seit 565 als Wallfahrtstätte bezeugt. Hier steht heute das Benediktinerstift St. Ulrich und Afra. Ein spätrömischer Sarkophag wird ihr als Grabmal zugeordnet und in der Unterkirche verehrt. Reliquien der Heiligen finden sich auch in der Heiltumskammer bei der Kirche.

Seit dem Jahr 2007 sind aufgrund einer Stiftung in der Bartholomäuskapelle der Kirche 30 Ikonen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert zu sehen. Die Ikonen stammen vor allem aus dem Malerdorf Palech, aber auch aus Moskau und Jaroslawl.[3][4]

(iii) Andere Leidensdulder
Ursula von Köln und Gefährtinnen, Martyrerinnen, 4. Jh., 21. Oktober

Trotz vielfältig widersprüchlicher Überlieferungen stellt eine in die Chormauern von St. Ursula in Köln eingelassene Inschrift, die spätestens aus dem 5. Jh. Stammt, die Tatsache eines Martyriums an dieser Stelle und einer Vorgängerkirche zu ihrer Ehrung außer Zweifel.

Reliquien dieser Heiligen fanden weite Verbreitung. Am wichtigsten ist zweifellos der St. Ursula Schrein, der in der Kölner Kirche St. Andreas links neben dem Hochaltar ausgestellt ist.

Severin von Noricum, Einsiedler, Missionar, Klostergründer in Passau, + 482, 8. Januar

Die Severinskirche in Passau soll am Ort seiner Klostergründung erbaut worden sein. Der Dom St. Severin geht auf eine römische Bischofskirche zurück, die der christlichen Gemeinde des Heiligen diente.

2)   Bischöfe und ihre Helfer

(i) Trier
Eucharius, erster Bischof von Trier, + 3. Jh, 8. Dezember

Er war ein Missionar aus Gallien. Sein Grab befindet sich in der Krypta von St. Matthias in Trier; der Limburger Domschatz enthält den „Petrusstab“ des Heiligen

Valerius, zweiter Bischof von Trier + um 300, 29. Januar

Sein Grab befindet sich in der Krypta von St. Matthias in Trier

Agritius, vierter Bischof von Trier, + 330, 19. Januar

Die Kirche St. Maximin in Trier bewahrt seinen Sarkophag auf, die Gebeine wurden von dort bei der Flucht der Mönche 1794 in das Tochterkloster St. Maria und Martin in Pfalzl an der Mosel (heute Pfarrkirche St. Marien) übertragen.

Maximin, fünfter Bischof von Trier, + 347, 29. Mai

Die Kirche St. Maximin in Trier bewahrt seinen Sarkophag auf, das Haupt wurde von dort bei der Flucht der Mönche 1794 in das Tochterkloster St. Maria und Martin in Pfalzl an der Mosel (heute Pfarrkirche St. Marien) übertragen. Dort befindet es sich im Reliquienschrein an der Westseite des Altares hinter einem Gitter.

Kastor von Karden, adeliger Missionar aus Aquitanien, Einsiedler, + um 400, 13. Februar

Schüler des Heiligen Maximin. Seine Einsiedlerhöhle steht noch in Karden an der Mosel. In der dortigen Kirche St. Kastor liegen Reliquien im Schrein in einem Seitenchor links des Zelebrationsaltars. In Koblenz befinden sich Reliquien im Rizza-Schrein im nördlichen Seitenschiff der Kirche St. Kastor.

Potentius von Steinfeld, Missionar und Martyrer, + 4. Jh., 18. Juni

Mit seinen Söhnen Felicius und Simplicius gehörte er zu Kastor’s Missionsgemeinschaft. Ihre Reliquien wurden im 10. Jh. Aus Karden in die Klosterkirche in Steinfeld übertragen und befinden sich in einem Schrein in der ersten der vier nördlichen Seitenabsiden.

Quiriakus/Cyriakus von Taben-Roth, + 4. Jh,  6. MÄrz

Priestermönch unter Bischof Maximin. Zunächst in St. Maximin bestattet, 769 überführt in die Klosterkirche nach Taben, einer Niederlassung der Mönche von St. Maximin. Dort entstand früh eine Quiriakuskirche mit seinem Schrein und Verehrung seither. Im Schrein wurde eine Dalmatik aus der Zeit der Translation gefunden, die heute im Diözesanmuseum in Trier aufbewahrt.

Lubentius von Kobern, Missionar, + 4. Jh., 13. Oktober

Schüler Martins von Tour, zum Priester geweiht von Bischof Maximin, Missionar in Kobern und an d. Lahn. Eine Armreliquie wird in der dortigen Pfarrkirche St. Lubentius verehrt. Das Haupt und sein Sarkophag wurden nach Dietkirchen in die ehemalige Stiftskirche St. Lubentius und Julianus übertragen.

Paulinus, Bischof von Trier, +358, 31. August

Er war ein Missionar aus aquitanischer Adelsfamilie, Kämpfer gegen den Arianismus. Seine Reliquien liegen in der Krypta der Paulinuskirche in Trier

Bonosus, Bischof von Trier, +374, 17. Februar

Als Nachfolger von Paulinus bekämpfte auch er den Arianismus. Seine Reliquien liegen in der Krypta der Paulinuskirche in Trier

(ii) Köln
Maternus, Bischof von Köln (vielleicht auch von Tongern und Trier), + um 328, 14. September

Seine Gebeine wurden übertragen in die Krypta von St.. Matthias in Trier

Severin, dritter Bischof von Köln, + 397, 23. Oktober

Sein Grab wird unter der Kirche St. Severin vermutet. Reliquien liegen dort in einem Schrein hinter dem Hochaltar.

(iii) Mainz
Maximus, Martyer-Bischof von Mainz, + 406, 18. November

Er litt unter den mit der Völkerwanderung eindringenden Vandalen. Reliquien befinden sich im Mainzer Dom, Ostkrypta, Reliquienschrein

Alban, Hieromartyrer und Missionar in allien, Augsburg und Mainz, + um 406, 21. Juni

Er war Gefährte des Maximus und Leidensgenosse des Heiligen Theonest. An der Stelle seines Martyriums in Mainz-Bodenheim befindet sich eine ihm geweihte Kirche (ohne Reliquien). Reliquien finden sich im Mainzer Dom, im Reliquienschrein der Ostkrypta

Aureus, Martyrer-Bischof von Mainz, + 436, 16. Juni

Er litt unter den mit der Völkerwanderung eindringenden Vandalen

Justina (seiner Schwester, oder Diakon Justinus),

teilte seine Vollendung

Reliquien beider befinden sich im Mainzer Dom, Ostkrypta, in einem Reliquienschrein

b) Aus der Frühzeit des fränkischen Reichs (ab 496, Chlodwigs Taufe)

 KARTE

1)           Westfränkisch geprägte Mission (500-750)

(i) Im Westen Deutschlands
Niketius Bischof von Trier + um 566, 1. Oktober

Sein Grab befand sich in St. Maximin in Trier. Die Gebeine wurden von dort bei der Flucht der Mönche 1794 in das Tochterkloster St. Maria und Martin in Pfalzl an der Mosel (heute Pfarrkirche St. Marien) übertragen.

Seine Schriften sind im internet unter Catholica Omnia zugänglich

Goar von Sankt Goar, Priester, Missionar und Einsiedler, + 575, 6. Juli

In St. Goar wurde die Goarskirche am Ort seiner Zelle und seines ersten Begräbnisses erbaut. Reliquien befinden sich in Koblenz in ST. Kastor, im Rizza-Schrein

Evergislus, dritter Bischof von Köln, † um 593, 24. Oktober.

Er ist der erste bekannte Bischof von Köln mit fränkischem Namen. Seine Reliquien wurden von seinem Sterbeort in Tongeren 955 nach Köln überführt und werden in der dortigen St. Peterskirche in einem Schrein verehrt

Modoaldus Bischof von Trier, + um 647, 12. Mai

Er ist der Gründer von Kloster Pfalzl als Tochterkloster von St. Maximin. Seine Reliquien befinden sich in der Paulinuskirche

Modesta von Öhren bei Trier, Äbtissin, + um 660, 4. Nov

Ihr von Modoaldus in Trier gegründetes Kloster St. Maria in Oeren wurde später in St. Irminen umbenannt. Ihre Reliquien liegen in der Trierer Matthias Basilika

Irmina von Öhren, Klostergründerin und Äbtissin, + vor 710, 24. Dezember

Mitbegründerin des Klosters Echternach und zweite Äbtissin des von Modoaldus geründeten Frauenklosters in Trier

Adula/Adela von Pfalzl, Äbtissin, + nach 732, 3. Januar

Tochter der Heiligen Irmina, Gründerin des Klosters Pfalzl, Ihr Grab in Pfalzl im Kloster, nach der Überlieferung an der Evangelienseite des vorderen Chorraums innerhalb des römischen Altbaus gelegen, wurde nach der Säkularisation entfernt. Das Haupt und das Schienbein der Adela befinden sich heute in dem Reliquienschrein an der Westseite des Altares hinter einem Gitter.

(ii)  Im Südosten Deutschlands
Eustasius von Luxeuil, Erleuchter der Bayern, Abt und Missionar, +625, 2. April

Als Nachfolger von Columban unternahm er Missionsreisen, auch nach Bayern, und gründete mit seinem Gefährten, dem Heiligen Agilus, das Kloster Weltenburg.

Emmeram von Regensburg, Missionsbischof, + 652, 22. September,

Er litt als Opfer einer Verleumdung am Regensburger Hof. In Kleinhelfendorf, Kirche St. Emmeram, befindet sich der Granitblock seines Martyriums, in Ascheim bei München erinnert eine Stelle neben St. Peter und Paul an seinen ersten Begräbnisort. Seine Reliquien befinden sich in Regensburg, der ehemaligen. Benediktinerklosterkirche St. Emmeram, in einem Schrein unter dem Hochaltar

Erhard von Regensburg, Missions-Bischof, + nach 700, 8. Januar

Er gründete als Wander-Bischof mehrere Klöster im Elsaß, bevor er von den Agilolfinger Herzögen als Missionar nach Regensburg gerufen wurde. Reliquien befinden sich dort im Niedermünster, in einem Reliquienschrein über dem Hochgrab im Nordschiff, im Diözesanmuseum, und in  St. Kassian in einem Reliquienbehältnis auf einem Seitenaltar

Korbinian von Freising, Missionsbischof, +728/30, 8. September

Zunächst lebte er als Einsiedler bei Chartres, wurde dann später in Rom zum Missionsbischof für die Schweiz und Bayern geweiht. In der Krypta im Dom St. Maria und Korbinian zu Freising befindet sich sein Steinsarg Reliquien in einem Schrein

2)   Iro-schottische Mission des 6. und 7. Jh.

(i) Südwest und Westdeutschland
Fridolin von Säckingen, Priester, Missionar, + 538, 6. März

Er erhob zunächst in Poitiers die Reliquien des Heiligen Hilarius, gründet dann als Apostel der Alemannen eine Missionszelle auf einer Rheininsel bei Säckingen. Seine Reliquien ruhen heute in der ehemaligen Säckinger Nonnenstiftskirche St Fridolin, in einem Silberschrein im rechten Seitenaltar, sein Sarkophag steht in der Krypta des Münsters dortselbst

Landelin von Ettenheimmünster, Einsiedler, + Anfang 7. Jh., 21. September

Er war Einsiedler in der Ortenau/Baden und erlitt das Martyrium durch einen heidnischen Jäger. Am Ort seines Begräbnisses in Münchweier bildete sich eine Mönchszelle, aus der das Kloster Ettenheimmünster erwuchs.  Sein Grab liegt unter dem Altar der Kirche von Münchweier, einem Stadtteil von Ettenheimmünster, dessen Wallfahrtskirche St. Landelin eine Reliquienbüste des Heiligen bewahrt.

Offo von Schuttern, Pilgermönch, + frühes 7. Jh, 14. Januar

Vermutlich ein Gefährte von Kolumban, gründete Klöster in Offenburg und Iffezheim. Er gilt als Volksheiliger (möglicherweise nicht offiziell kanonisert, aber wir beachten die fortdauernde Verehrung bis heute!). Seine Zelle in Schuttern wurde später durch Pirmin der Benediktinerregel unterstellt.

Über dem Grab (die Grabplatte ist erhalten) in Schuttern wurde eine Kapelle erbaut, aus der die heutige Pfarrkirche erwuchs.  Heute liegen die Reliquien unter dem unteren Teil des ottonischen Mosaikfragments, auch unter der Kirche

Trudpert von St. Trudpert, Missionar und Hieromartyrer, + 607, 26. April

Gründete als Missionar des Schwarzwaldes eine Einsiedelei im Münstertal bei Freiburg, wurde aber von Knechten seines alemannischen Lehnsherrn erschlagen. Aus der kleinen Mönchs-Siedlung erwuchs ein großes Benediktinerkloster.

Über der Einsiedelei entstand eine Grabkapelle mit seinem Steinsarkophag, die heute östlich der ehemaligen Klosterkirche, heute Pfarrkirche, mit ihrer unterirdischen Quelle den Ort seines Martyriums bezeichnet. In der Sakristei der St. Trudpertkirche werden Reliquien in einem tragbaren Schrein aufbewahrt.

Wendelin von Tholey, Einsiedler und Abt, + 617, 20. Oktober

Lebte zunächst als Einsiedler und Hirte im Biestal am Bosenberg, dort wo heute die Wendelinskapelle in St. Wendel steht. Nachdem sich eine Anzahl Laien um ihn versammelt hatten, wählten ihn die Mönche des Klosters Tholey zu ihrem Abt.

Sein Grab befindet sich in St. Wendel, an der Stelle der heutigen Wendelinusbasilika. Dort steht seine Tumba vor dem Hochaltar. Ein Reliquienschrein steht über einem Wallfahrerdurchgang hinter dem Hochaltar.

Disibod von Staudernheim, Wanderbischof, Einsiedler, Missionar + um 700, 8. Juli

Von seinem Kloster blieb nur der Ort, bei Staudernheim, beim Zufluß der Glan in die Nahe.

Pirmin von Reichenau und Hornbach, Klostergründer + 753 am 3. November

Er gründete zahlreiche weitere Klöster, z.B. Gengenbach, Murbach, Weißenburg, Maursmünster und Neuweiler. Seine Grabstätte im Kloster Hornbach bezeichnet eine Kapelle. Seine Reliquien liegen u.a. in St. Pirmin in Pirmasenz (Schädelreliquie links von der Haupt-Apsis an der Mauer), einer Gründung von Kloster Hornbach, und in der Schatzkammer des Münsters auf der Reichenau

(ii)  Franken und Südostdeutschland
Kilian, Missionar und Martyrer von Würzburg, mit Kolonat und Totnan, + 689, 8. Juli

Als Missionar der Franken erlitt er das Martyrium wegen seiner Kritik an Herzog Gozberg’s Ehe mit seiner verwitweten Schwägerin, gemeinsam mit seinem Priester Kolonat und dem Diakon Totnan.  Im Würzburger Neumünster befindet sich an der Ostwand der Kiliansgruft der Sarg des Heiligen Kilian und ein Brunnen mit heiligem Wasser. In Bischofsheim in der Rhön gibt es eine Quelle, an der er die Neubekehrten taufte. Reliquien aller drei Heiligen befinden sich im Dom St. Kilian in Würzburg, im Hauptaltar und im Altar der Marienkapelle.

Marinus und Anianus von Wilparting, Einsiedler, Missionare und Martyrer, +697, 15. November

Marinus wurde in Rom zum Wanderbischof, Anianus zum Diakon geweiht. Nach langem Einsiedlerleben in der Nähe von Bad Aibling geschah ihr Martyrium durch räuberische Slawen oder Vandalen. Fünfzig Jahre später wurden ihre Gebeine erhoben und eine Kirche über ihrem Grab erbaut. Heute werden ihre Gebeine in der Pfarrkirche von Wilparting in einem Hochgrab vor dem Altar und in Reliquienbehältern verehrt.

Rupert von Worms und Salzburg, Klostergründer, Bischof und Missionar, + 716/8, 27. März

(Seine manchmal angezweifelte Zuordnung zu den Iroschotten scheint wegen Erentrudis, seiner Nichte, plausibel, weil diese als Iroschottin bezeichnet wird)

Bekehrte und taufte Theodo von Bayern (zu dessen Gebiet das Salzburger Land damals gehörte) und wurde so zum Apostel Bayerns. Aus seinem Sterbeort Worms wurden seine Gebeine später nach Salzburg überführt. Weitere Reliquien befinden sich im Mainzer Dom, dem Schrein in der Ostkrypta

c) Merowingische und karolingische Konsolidierungszeit

 KARTE

1)           Angelsächsische Mission im Dienste der merowingischen Expansion des ausgehenden 7. und des 8. Jhs.

(i) Willibrord und seine Gefährten
Willibrord von Echternach, Erzbischof von Utrecht, +739, 7. November

Apostel der Westfriesen, erster bedeutender angelsächsischer Missionar, zunächst in Nordengland Benediktinermönch, dann in Irland zum Priester geweiht, von Pippin II mit Gefährten zur geistlichen Unterstützung der fränkischen Verteidigung gegen die Friesen gerufen. Er pflegte die für Angelsachsen charakteristische enge Zusammenarbeit mit Rom. Klostergründung in Echternach.

Reliquien befinden sich in der Krypta der Abteikirche in Echternach und im Altar der Aachener Kirche St. Paul.

Suitbert von Kaiserswerth, Missionsbischof, Klostergründer und Martyrer, +713, 1. März

Einer der irischen Gefährten Willibrords, in England zum Bischof geweiht, etablierte er einen Missionsstützpunkt in Kaiserswerth und wurde so zum Apostel des Berger Lands. Nach seinem Martyrium durch heidnische Sachsen gelanten seine Reliquien nach Kaiserswert und werden dort im Suitbertus-Schrein aufbewahrt.

Die Gebrüder Ewald von Aplerbeck, Missionare und Hieromartyrer, + 695, 3. Oktober

Gefährten des Heiligen Willibrord aus Irland, erlitten sie bei Dortmund das Martyrium beim Versuch einer Mission der heidnischen Sachsen.  Ihre Reliquien finden sich in Schreinen an den westlichen Chorjochpfeilern von St. Kunibert in Köln.

(ii) Bonifatius und seine angelsächsischen Mitarbeiter
Bonifatius (Winfried), Erzbischof von Mainz und Hieromartyrer, Erleuchter Germaniens, +754, 5. Juni

Als Reformer und Organisator der Kirche suchte er, durch deren festere Bindung an Rom eine stärkere Unabhängigkeit vom fränkischen Adel durchzusetzen. Mission im Lahngau, in Niederhessen, Franken und Thüringen. Sein Martyrium erlitt er in Dokkum bei erneuter Friesen-Mission.

In Dokkum bezeichnet eine ihm geweihte Kirche den Ort seiner Vollendung. In Fulda auf dem Frauenberg zog er sich zum Gebet zurück. Der Hauptteil seiner Reliquien befindet sich im Salvator-Dom zu Fulda in einer ihm geweihten Krypta, und im Dom-Museum, sowie in Mainz im Schrein der Ostkrypta des Doms und im Domschatz.

Wigbert von Fritzlar, Abt und Missionar, +737/8, 13. August

Von Bonifaz als Missionar berufen, diente er als Abt in Fritzlar und Ohrdruf. Seine Reliquien befinden sich in der Krypta der ehemaligen Benediktinerabteikirche St. Peter in einem Hochgrab, auch im Dommuseum.

Burchard, Klostergründer und erster Bischof von Würzburg, + 753, 14. Oktober

In Neustadt/Main gründete er ein Benediktinerkloster auf dem Michaelsberg, wurde dann von Bonifatius als Bischof nach Würzburg gerufen, wo er das Andreaskloster am Fuß des Marienbergs als Missionsstützpunkt gründete. Im Alter zog er sich in eine Höhle unterhalb Schloß Homburg am Main zurück.

Seine Reliquien wurden in die Burkhardskirche (frühere Klosterkirche St. Andreas) überführt, wo sie auf einem kleinen Nebenaltar an der Ostwand des südlichen Seitenschiffs ausgestellt werden.

Adalar, erster Bischof von Erfurt, Hieromartyrer, + 754, 5. Juni

Er war ein Gefährte des Bonifatius, der auch sein Martyrium teilte. Seine Reliquien befinden sich in einer Grabtumba im Erfurter Dom.

Wunibald von Heidenheim, Glaubensbote in Franken, Abt in Heidenheim, + 761, 18. Dez

Ein Verwandter des Heiligen Bonifatius, den dieser aus seiner Stille im Kloster von Montecassino nach Deutschland rief, um Abt im neugegründeten Kloster Heidenheim zu werden. Sein Grab wird in der nunmehr evangelischen ehemaligen Klosterkirche in Heidenheim in der Krypta aufbewahrt.

Walburga von Heidenheim, Äbtissin, + 779, 25. Februar

Als Schwester Wunibalds stand sie nach dessen Tod seinem Kloster vor, das sie in ein Doppelkloster verwandelte. Zuvor hatte sie ein Kloster in Tauberbischofsheim geleitet.

Ihre Reliquien wurden in die St. Walburga Abteikirche in Eichstätt überführt wo sie in einem steinernen Sarg unter dem Hochaltar liegen. Dort tritt aus ihrem Sarg heiliges Öl aus.

Lioba von Bischofsheim, Äbtissin, + 782, 28. September

Nichte des Bonifaz, mit weiteren Klostergründungen in Kitzingen und Ochsenfurt. In Bischofsheim/Rhön stand ihr Kloster an der Stelle des jetzigen Renthauses. In Schornsheim verbrachte sie ihr letztes Lebensjahr.

Eine Reliquienbüste wird in der Krypta der Fuldaer Kirche auf dem Petersberg aufbewahrt, auch das Dommuseum in Fulda enthält Reliquien, sowie auch der Altar der St. Wigbertskirche in Schornsheim und die Kirchen St. Lioba (auf dem Hochaltar in kleinen Metalldosen) und St. Martin (im Glaskasten auf dem Altar im rechten Seitenschiff) in Tauberbischofsheim. .

Willibald, Bischof von Eichstätt , + 787/89, 7. Juli

Bruder von Wunibald und Walburga, wurde er von Bonifatius nach Deutschland berufen. Besondere Missionserfolge erlangte er beim bayerischen, fränkischen und alemannischen Adel. Seine Reliquien ruhen im Eichstätter Dom in einem Schrein auf dem barocken Willibalds-Altar, und im dortigen Museum.

Sola von Solnhofen, Priester, Einsiedler, Glaubensbote in Franken, + um 794, 4. Dezember

Auch er wurde von Bonifatius nach Deutschland berufen und missionierte von seiner Zelle in Solnhofen aus das Altmühltal. Es gibt ergrabene Reste einer karolingischen Sola-Basilika an der Stelle seiner Zelle. Ein Armreliquiar wird seit 1991, nach Rück-Übertragung aus Eichstätt, in der katholischen Kirche von Solnhofen bewahrt.

(iii) Unabhängige Angelsachsen
Philipp von Zell, Priester, Missionar, Abt, + nach 750; 3. Mai

Mit seinem Gefährten und Priester Horoskolf lebte er als Eremit bei Zell (heute Zellertal) bei Wachenheim im Pfrimmtal in der Pfalz. Beider fromme Lebensweise zog viele Menschen an, so wuchs ihre Gemeinschaft, die missionarisch in die ganze Umgebung hineinwirkte. Südwestlich von (Groß-)Bockenheim steht noch eine von ihm erbaute Kapelle, die Peters- bzw. Heiligenkirche, die bis heute als Wallfahrtsort dient. Seine Grabeskirche befindet sich in Zell

Willehad, Missionar, erster Bischof von Bremen, + um 789, 8. November

Aus England unter Alkuin ausgebildet, bemühte er sich um die Mission bei Friesen und Sachsen. Seine Gebeine wurden in den Bremer Dom übertragen, gingen dort aber verloren.

2)   Einheimische Missionare derselben Zeit

(i) Nord- und Westdeutschland
Kunibert, Bischof von Köln, + 663, 12. November

Er entstammte einer Adelsfamilie von der Mosel, gründete Klöster und brachte die Diözese zur Blüte. Seine Reliquien werden in der Kölner St. Kunibertskirche aufbewahrt, in einem Schrein gegenüber dem Ewaldsschrein.

Willeic, Abt von Kaiserswerth, + 725, 2. März

Schüler Suitberts, wurde von diesem als Nachfolger in Kaiserswerth berufen. Er trug den Glauben in die Gegend der heutigen Düsseldorfer Altstadt. Seine Reliquien ruhen in der Kaiserswerther Stiftskirche St. Suitbertus, gemeinsam mit jenem im Schrein. Ein Reliquienschrein befindet sich auch in der Düsseldorfer Lambertuskirche an der Rückseite des Altars.

Rupert von Bingen, Einsiedler, + 732, 15. Mai

Er entstammte einer vornehmen Familie am Mittelrhein, in der allerdings nur die Mutter schon Christin war, die ihn nach ihrer Verwitwung unter Mithilfe des ebenfalls Heiligen Priesters Wigbert christlich erzog. Als Einsiedler widmete er sich Armen und Notleidenden und starb sehr jung.

Sein Grab liegt in der später erbauten Abteikirche des St. Hildegardsklosters auf dem Rupertsberg bei Bingen, von dort kamen die Reliquien in die Wallfahrtskapelle St. Rochus auf dem Rochusberg in Bingen, so ein Schrein auf dem Altar der Seitenkapelle steht.

Berta von Bingen, Einsidelerin, + 8. Jahrhundert, 28. November

Widmete sich als Witwe der Erziehung ihres Sohnes Rupert, dem Gebet und der Nächstenliebe und baute auf dem Rupertsberg eine Kirche. Ihr Grab in der Abteikirche auf dem Rupertsberg bei Bingen, ihre Gebeine in der Kapelle auf dem Rochusberg, das Haupt in der Pfarrkirche St. Hildegard und St. Johannes der Täufer in Eibingen bei Rüdesheim im südlichen Teil des Kirchenschiffs in einem gläsernen Reliquienschrank

Beide, Rupert und seine Mutter, wurden von Hildegard von Bingen und der örtlichen Bevölkerung verehrt.

Liudger, Missionar und erster Bischof von Münster, + 809, 26. März

Er entstammte einer adeligen Familie in Friesland, wo er Bonifaz kurz vor dessen Martyrium in Dokkum begegnet war. Als Missionar wirkte er in Friesland mit besonderen Erfolgen wegen seiner Herkunft. In Dokkum erbaute er die Gedächtniskirche für Bonifatius. Weitere Mission als Wanderbischof in Helgoland und Niedersachsen um Münster, wo er geistliche Schulen, Kirchen und Klöster (in Münster, Helmstedt, und Werden bei Essen)

Im Dom St. Ludgerus in Billerbeck befindet sich seine Sterbekapelle mit einer Reliquie unter der Altarplatte, am Rande der Altstadt der Ludgerus Brunnen, an dem er neu Bekehrte taufte. Seine Gebeine wurden in die Krypta der ehemaligen Abteikirche St. Salvator, heute Propsteikirche in Essen-Werden übertragen.

Ansgar, Apostel des Nordens, Erzbischof von Hamburg und Bremen, + 865, 3. Februar

Zunächst in Frankreich Mönch in Corbie, wurde er als Lehrer ins neu gegründete Kloster Corvey geschickt. Später baute er auf Einladung von König Björn in Schweden eine Missionsstation bei Stockholm und die erste Kirche in Schweden. Als Bischof nach Hamburg berufen, gründete er Schulke, Kirche und Kloster und missionierte in Schleswig. Nach Wikinger-Überfällen wurde er nach Bremen berufen

Eine Aus Osnabrück übertragene Unterarm-Reliquie befindet sich eingefaßt im Altar der St. Ansgar-Kirche in Hamburg.

Die russisch-orthodoxe Kirche im Ausland hat Ansgar 1952 als Heiligen anerkannt.

(ii) Franken und Bayern
Bilhildis von Altmünster, Äbtissin, +um 734, 27. November  

Aus Veitshöchheim stammend, gründete sie in Mainz ihr Kloster und sorgte für Arme und Kranke. Die heute evangelische Altmünsterkirche liegt nur wenig entfernt vom Ort ihres Grabes. Ein Kopf-Reliquiar befindet sich in Mainz in der Domsakristei.

Im 18. Jh. ging nach der Auflösung ihres Klosters ihre Verehrung auf Mainfranken über. Auf Initiative eines Priesters in Veitshöchheim gabe es 1722 eine Reliquientranslation in die katholische Pfarrkirche St. Vitus an ihren Geburtsort, wo eine Reliquienbüste auf dem St. Bilhildis Altar ausgestellt und jährlich zu ihrem Fest in Prozession durch die Stadt getragen wird.

Magnus (Maginold, Mang) von Füssen, Abt, Erleuchter des Allgäus, + um 750, 6. September

Im Auftrag des Bischofs von Augsburg, Wikterps, beteiligte er sich an dessen Missionsarbeit. Er gründete eine Zelle in Füssen, die später als Benediktinerkloster St. Mang bekannt wurde.

Seine Reliquien, auch sein wundertätiger Stab, liegen in der ehemaligen Benediktinerklosterkirche St. Mang in Füssen. Die dortige Magnuskapelle im Südwesten der Anlage bezeichnet den Ort seiner Zelle. Bis heute wird in Schussenried und Wangen der silberne Stab bei Bittprozessionen gegen Feld-Schäden über die Felder getragen.

Alto von Altomünster, Einsiedler, + 760, 9. Febr

Aufgrund der Verehrung, die dieser heilige Bajuware genoß, entstand nach seinem Tod an der Stelle seiner Zelle und seines Grabes bei Dachau ein Kloster, das nach ihm benannt wurde.

Sein Grab ist heute noch in der neu erbauten Klosterkirche erhalten. Auch seine Hirnschale liegt in der heutigen Pfarrkirche des nach ihm benannten Orts.

Wikterp, erster bekannter Bischof von Augsburg, + 771, 18. April

Aus bayerischem Adel, wirkte er als Missionar des Allgäus. Sein erstes Grab lag in der von ihm erbauten Bartholomäuskirche in Epfach bei Landsberg. Später wurden seine Gebeine in die Kirche St. Ulrich und Afra nach Augsburg überführt.

Sturmius von Fulda, Abt, + 779, 17. Dezember

Sturmius gehörte zu den einheimischen Schülern des Bonifatius. Gebürtig in Oberösterreich, wurde er in Fritzlar bei Abt Wigbert zum erzogen, lebte dann als Einsiedler, bis ihn Bonifaz mit der Mission in Hessen beauftragte und seinem Kloster in Fulda voranstellte.

Seine Reliquien liegen im Dom zu Fulda im Sturmiusaltar, im Dommuseum und auf dem Fuldaer Petersberg in der Krypta der dortigen Kirche.

Megingaud, Abt und zweiter Bischof von Würzburg, + 783, 26. September

Schüler des Bonifatius in Fritzlar, wurde er von Burkhard von Würzburg als Abt für die von Burkhard gegründete der Klosterzelle Rorlach bei Neustadt/ Main berufen. Dort erbaute er eine Saalkirche im Tal, die sich unter dem jetzigen Pfarrhaus von Neustadt befindet. Im Alter kehrte er aus Würzburg hierher zurück, um das Kloster als Ausbildungsstätte von Missionaren weiterzuführen.

Seine Gebeine wurden 794 in die Kiliansgruft in der Westkrypta der Neumünsterkirche in Würzburg überführt.

 

[1] Wenn schon jeder Christ (nach 1. Kor. 6:1) ein Tempel des Heiligen Geistes ist, so soll dies „umso mehr“ für die Heiligen zutreffen: Ihr Leib sei „Teil der göttlichen Wirklichkeit, die [also diese göttliche Wirklichkeit – gemeint ist vermutlich der Leib des Heiligen] durch Christi Auferstehung ebenfalls in einen Auferstehungsleib verwandelt und in das ewige Leben Gottes einbezogen wird“. Dieser „erlöste irdische Leib“ wird einerseits umstandslos zum „Verklärungsleib“ erklärt, andererseits als „Angeld eschatologischer Neuschöpfung mit Christi eigener „Verleiblichung“ verglichen, soll aber am Ende für den modernen Menschen doch wieder nur „als verehrungswürdiges Zeichen verstehbar sein.“ Babei gehen Aussagen über Gegenwärtig sich Ereignendes („Tempel des Geistes sein“), eschatologisch Vorausgeschicktes („Angeld“), künftig Erwartetes („Auferstehungsleib“), bereits Geschehenes (Christi „Verleiblichung“) und menschlich Deutbares („Zeichen“) in einer Weise durcheinander, die für die entscheidende Voraussetzung angemessener Reliquienverehrung, also eben jenes Zusammenwirken menschlicher Empfangsbereitschaft und göttlicher Gnade, das auch den drei Apostel auf dem Berg Tabor die Augen öffnete für die göttlichen Energien, kein Raum bleibt: Daß sich auch in der Begegnung mit heiligen Reliquien deren bewahrte Spuren göttlicher Verklärung den Menschen nur insoweit öffnen, als diese „es fassen können“, daß mithin die Wahrnehmung von Heiligkeit einer ihrerseits heiligenden Vorbereitung bedarf, davon erfahren katholische Christen nichts.

 

 

 

Jahr:
2019
Orignalsprache:
Deutsch
Herausgegeben:
DOM Gesellschaft für deutsche Orthodoxie in Mitteleuropa